Sie wohnen im Rhein-Main-Gebiet und sind total genervt, weil der Fluglärm immer schlimmer wird? Und jetzt wollen Sie sich Informationen beschaffen und sich beschweren? Nein, nicht bei der Bürgerinitiative. Sondern ganz offiziell.
Dann folgen Sie uns zu einem virtuellen Ausflug ins Internet. Das Ziel: die Seite "Fluglärmschutz" der zuständigen Behörde. Dort finden Sie eine Menge Informationen. Ohne Werbung für den Flughafen.
Als erstes werfen Sie einen Blick auf die Statistik. 3700 Starts im letzten Monat auf der Route, die über Ihr Haus führt. So viele gab es erst einmal, im letzten Oktober. Und die Zahl der Nachtflüge ist auch etwas gestiegen. Ein Mausklick auf die passende Messstelle zeigt den Dauerschallpegel und die Zahl der Lärmereignisse für verschiedene Pegelklassen, die Sie sich genauer ansehen und mit früheren Werten vergleichen. Leider ist der laufende Monat noch nicht dabei, weil die Daten nur monatlich erstellt werden. Täglich wäre besser. Sie beschließen, der Behörde eine Email zu schicken und eine Verbesserung vorzuschlagen. Schließlich haben die um Vorschläge gebeten.
Aber Nachtflüge waren es bestimmt zu viele. Wurde das Lärmkontingent in letzter Zeit wirklich eingehalten? Um da etwas zu erfahren, recherchieren Sie in den offiziellen Sitzungsprotokollen der Fluglärmkommission. Die stehen im Internet, seitdem Bürger erfolgreich Einsicht verlangt haben. Mit der Stichwortliste sind rasch die zutreffenden Protokolle gefunden. Das Lärmschutzkontingent ist wohl in Ordnung. Über Maßnahmen zur Entlastung der Nacht-Randzeiten wird in der Kommission diskutiert. Sie suchen sich in der Mitgliederliste den für Sie zuständigen Vertreter heraus. Den werden Sie demnächst einmal anrufen und ihm Ihre Probleme schildern, damit er in dieser Sache auch wirklich etwas für Sie tut. Praktisch: die Telefonnummer steht gleich dabei.
Über den Krach gestern nacht wollen Sie sich direkt beschweren. Unter dem Stichwort "Fluglärmschutzbeauftragter" finden Sie eine Email-Adresse und drei Ansprechpartner mit Telefonnummer. Morgen früh werden Sie gleich da anrufen. Ein Blick auf die Beschwerdestatistik zeigt, dass es in letzter Zeit viele Beschwerden über Nachtflüge aus Ihrer Region gibt.
War vielleicht gestern eine Bahn gesperrt, so dass alle Flugzeuge bei Ihnen lang geflogen sind? Oder war sonst etwas Besonderes los? Heute bekommen Sie das nicht mehr raus, die Behörde hat schon Feierabend. Deshalb registrieren Sie sich gleich beim neuen Informationsservice. Wenn eine Bahn gesperrt ist oder sonst etwas Ungewöhnliches am Flughafen stattfindet, bekommen Sie ab jetzt eine eine Information über Email. Und den Lärmschutzreport, den laden Sie sich noch herunter. Da können Sie bei Gelegenheit mal die ganzen Statistiken in Ruhe studieren.
Aufwachen! Hier endet der virtuelle Ausflug. Sie fühlen sich auf den Arm genommen?
Jeder weiss, dass Minister Posch keine solche Internetseite betreibt. Dafür verteilt er Faltblätter wie „Viele Schritte – ein Ziel: Wie die Landesregierung den Fluglärm eindämmt“ – das ist genug, oder? Die Sitzungen der Fluglärmkommission sind Staatsgeheimnis. Man findet noch nicht einmal eine Mitgliederliste. Protokolle im Internet? Völlig undenkbar. Bei Fluglärm-Beschwerden landet man beim Fraport-Callcenter, nicht bei fachkompetenten Mitarbeitern des Fluglärmschutzbeauftragten. Die hat er nämlich nicht und ist deshalb total überlastet. Deshalb hat man kaum eine Chance, ihn direkt zu erreichen. Eine eigene Internetseite? Fehlanzeige. Benachrichtigungen über besondere Vorkommnisse am Flughafen hat die Fraport nicht im Angebot. Da müssen Sie im Gegenteil intensiv nachforschen, um etwas heraus zu bekommen. Und richtig aktuelle Fluglärm-Messdaten findet man nicht bei den offiziellen Stellen, sondern bei Initiativen der Bürger wie dem Deutschen Fluglärmdienst.
Doch die Internetseite von unserem Streifzug oben gibt es wirklich. Nicht hier, aber auch nicht beliebig weit weg. Beim Flughafen Hamburg, genauer: bei der Behörde für Umweltschutz und Gesundheit, die für Fluglärmschutz zuständig ist. Verglichen mit Frankfurt ist Hamburg ein Regionalflughafen. 154000 Bewegungen, 1500 Beschwerden im letzten Jahr. Doch an den Internetseiten zum Lärmschutz könnte man sich hier durchaus ein Beispiel nehmen, auch wenn noch nicht alles perfekt ist. Fraport tut es schon - ihr neuer Fluglärmreport sieht dem Hamburger Beispiel ziemlich ähnlich.
Vor allem aber stammen die Hamburger Informationen vom Fluglärmschutzbeauftragten, nicht vom Flughafenbetreiber, was mehr Vertrauen schafft. Es sieht so aus, dass die Hamburger Behörde die Fluglärmprobleme der Menschen zumindest ein wenig ernster nimmt.
Schauen Sie mal hier:
Und dann schreiben Sie am besten einen netten Brief an Minister Posch, dass er seinem Fluglärmschutzbeauftragten auch so einen Internet-Auftritt spendiert. Mit Protokollen der Fluglärmkommission und so. Der Fluglärmschutzbauftragte wird sich sicher freuen. Und Minister Posch auch.
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