Die "objektiven Regeln", die Jühe bei der Verteilung der Lärmbelastung anwenden will, können wir nur zwischen den Zeilen der Zeitungsberichte erahnen: eine Lärmverteilungs-Lösung ist dann gut, wenn die Zahl der "Belästigten" in der Summe abnimmt. Und eine Neubelastung für die Betroffenen nicht gleich so hoch wird wie in Raunheim (immerhin!).
Wer als Belästigter zählt, wird angeblich nach einem EU-Papier bestimmt.
Bei den zur TABUM-Route vorgelegten Belastungszahlen fällt auf, dass oft nur ein kleiner Teil der Einwohner der betroffenen Orte als "entlastet" oder "mehr belastet" eingestuft wurde. Das deutet darauf hin, dass entweder ein Dezibel-Grenzwert angenommen wurde (Beispiel: nur wer mehr als 55 Dezibel Lärm hat, ist belästigt), oder dass mit einer Dosis-Wirkungsbeziehung gewichtet wurde (Beispiel: bei 55 Dezibel fühlen sich statistisch 20% der Betroffenen belästigt, also zählt man nur 20% der Bewohner des mit 55 Dezibel belasteten Ortes). Die echten betroffenen Bürger und Bürgerinnen werden natürlich nicht gefragt, ob und wann sie sich belästigt fühlen.
Die Lärmberechnungen selbst werden von der HLUG (Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie) nach Standardverfahren durchgeführt (AZB, Anleitung zur Berechnung von Fluglärm). Solche Berechnungen sind nur für Fachleute überprüfbar, und auch nur dann, wenn alle zugehörigen Eingabedaten und Annahmen zugänglich sind (was sie nicht sind). Die Berechnungen der Dauerschallpegel dürften - im Rahmen der bekannten Probleme und Ungenauigkeiten solcher Rechnungen - korrekt sein, zumindest in der Nähe des Flughafens. Bei den Berechnungen über die Auswirkung von Flugrouten handelt es sich um Prognose-Rechnungen. Wie gut diese nachher die Realität beschreiben, hängt natürlich maßgeblich von den gewählten Eingabedaten (Routenbelegung, EInhaltung der Route, Flugzeugmix etc.) ab.
Ob die nach den Annahmen der Fluglärmkommission berechnete "Zahl der Belästigten" in einem Ort aber irgend etwas mit der Zahl der Bürger zu tun hat, die sich nachher tatsächlich belästigt fühlen, steht dagegen in den Sternen. So dürften alle Berechnungen den Ärger der Taunusbewohner über den plötzlichen Fluglärm nicht richtig vorhergesehen haben. Die berechneten Zahlen der Belästigten sollte niemand unbesehen glauben, vor allem Politiker nicht, die die Entscheidung zu beurteilen haben. Die Betroffenen wissen es meist besser!
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"Es muss eine Lärmschnittmenge gefunden werden, bei der jeder Region nur so viel Lärm aufgebürdet wird, dass dort die Leute nicht weglaufen" [Jühe beim FR Dialog am 20.11.2003] |
Ob es in der Fluglärmkommission schon eine Entscheidung darüber gibt, alle zukünftigen Entscheidungen über Flugrouten nach den hier vermuteten Regeln zu treffen, ist uns nicht bekannt. Bei der TABUM-Entscheidung gab es Gegenstimmen, was dagegen sprechen würde. Dagegen spricht auch, dass bei Jühes neuem EU-Projekt Bewertungskriterien zur Lärmverteilung erarbeitet werden sollen. Wie es auch sei: Einen gesellschaftlichen oder politischen Konsens darüber, dass Lärmminderung an bestehenden Flughäfen durch Verteilung nach diesen (oder ähnlichen) Kriterien erfolgen soll, gibt es nicht!
Und auch die EU kann hier nicht als Rechtfertigung dienen. Die genannte EU-Richtlinie (Zusammenfassung der EU-Richtlinie Umgebungslärm) verlangt, für größere Flughäfen Lärmkarten aufzustellen, zu veröffentlichen und bis 2007 Maßnahmen zur Lärmminderung zu definieren. Eine "gerechte Verteilung des Lärms" nach dem Jühe-Modell ist darin natürlich nicht vorgeschrieben! Im Gegenteil: da steht doch etwas von "Verschlechterungsverbot" und öffentlicher Beteiligung bei der Lärmminderungsplanung drin ... !
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