Fast niemand zweifelt daran, das Gerechtigkeit etwas Positives ist. Doch was man im konkreten Fall unter "Gerechtigkeit" oder "gerechter Verteilung" versteht, ist ziemlich umstritten - wie man in der politischen Debatte jeden Tag verfolgen kann.
Was würden Sie von dem Vorschlag halten, zur Entlastung der überfüllten Hauptverkehrsstraßen (und der lärmgeplagten Anwohner dieser Straßen) die Autos gleichmäßig auf die Wohnstraßen der Stadt zu verteilen? |
Eine gerechte Verteilung des Fluglärms, im Sinne des Wortes, wäre: alle, die vom Flughafen profitieren, kriegen auch einen entsprechenden Anteil des Lärms ab.
Jedem seine private Flugroute? Das ist technisch natürlich nicht machbar. Selbst wenn man den Lärm breitflächig streuen würde, gibt es immer Menschen, die direkt unter der Flugroute wohnen und den vollen Lärm abkriegen, während es einen Kilometer entfernt schon ziemlich ruhig ist. Dazu wohnen viele Nutzer des Flughafens gar nicht in der Flughafenregion, die die Schäden durch den Flughafen tragen muss.
Doch selbst wenn die totale Streuung möglich wäre, wäre sie nur für wenige Fälle sinnvoll. Besser ist, negative Effekte maximal zu bündeln und den davon Betroffenen eine Entschädigung zu geben, die die negativen Effekte voll ausgleicht , sie also nicht besser und nicht schlechter stehen als die anderen. Auch das wäre eine gerechte Lösung. Wenn man die Bündelung dort hinlegt, wo am wenigsten Menschen betroffen sind, minimiert man die Entschädigungssumme und damit den volkswirtschaftlichen Nutzen. Intelligente Konzepte zur Verteilung solcher Entschädigungen müssten im Detail noch entwickelt werden, doch das ist machbar, wenn der politische Wille und damit der Bedarf da ist. Eine Idee wäre zum Beispiel, allen Lärmbetroffenen jährlich eine Entschädigung zu zahlen, die proportional zur tatsächlichen Fluglärmmenge ist, die sie in diesem Jahr abbekommen haben.
Zur Zeit wird der Fluglärm partiell gebündelt (mehrere gebündelte Flugrouten). Betroffen ist, wer zufällig zur falschen Zeit am falschen Platz wohnt. Egal, ob er vom Flughafen profitiert oder nicht. Die Betroffenen haben einfach Pech gehabt. Sie haben bestenfalls Anspruch auf Lärmschutzfenster, Entschädigungen (geschweige denn kostendeckende Entschädigungen) sind nicht vorgesehen. Das ist eine in unserer Gesellschaft übliche Methode, aber sicher keine gerechte Lösung. Den Lärm einfach auf mehr Leute zu verteilen oder auf andere Leute zu verschieben, ist aber für die dann Betroffenen genau so ungerecht. Auch eine formal "demokratische Verteilung" des Lärms wäre nicht gerechter, weil dann kleinere Städte mit weniger Stimmen immer den kürzeren ziehen würden.
Fazit: Eine gerechte Verteilung von Fluglärms kann es nicht geben. Und eine "Demokratisierung" auch nicht.
Deshalb muss der Lärm an der Quelle vermindert werden, mit der gleichen Entschlossenheit, wie das bei vielen Schadstoffen heute schon geschieht. Der Lärm der dann noch übrig bleibt, sollte bei voller Entschädigung aller Betroffenen gebündelt werden. Das kann im Extremfall heißen: eine ganze Stadt wird komplett verlagert. Die Kosten für die Entschädigungen sollten von den Nutzern der Lärmquelle Flugzeug aufgebracht werden - nicht vom Steuerzahler. Damit wäre ein Ausgleich zwischen Vorteilen und Nachteilen des Flugbetriebs geschaffen. Und es würde sich schon aus finanziellen Gründen verbieten, einen Mega-Hub-Flughafen mitten in einem dichtbesiedelten Ballungsgebiet zu betreiben.
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