Das hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (HMWVL) hat - wie zu erwarten war - den Antrag der Stadt Dietzenbach auf Aufnahme in die Fluglärmkommission abgelehnt. Auch die Aufnahme anderer Städte des Kreises Offenbach befürwortet das Ministerium nicht. Im Schreiben wird um Verständnis gebeten, dass alle, die sich aktuell in dieser Sache an das Ministerium gewandt haben (z.B. Heusenstamm und Obertshausen), denselben Text erhalten. Vor einigen Jahren hatten bereits Langen und Dreieich vergeblich versucht, einen Platz in der Kommission zu bekommen. Die Bedenken der Stadt wegen des "Fluglärmentlastungskonzepts Raunheim" teilt das Ministerium nicht.
Im Brief wird langwierig erläutert, dass die aktuelle Mitgliedsstruktur des Kommission auf einem "schlüssigen, transparenten und nachvollziehbaren Konzept" der Kommission beruhe, das das Ministerium "nach sorgfältiger Prüfung in leicht modifizierter Form im August 2002 unter Berücksichtigung des Ermessenspielraums" umgesetzt hat. Es ist interessant hier auf Umwegen zu erfahren, dass es ein solches "Konzept" der Kommission gibt: offenbar wurden spezielle Berechnungen der Nacht-Betroffenheit im Ausbaufall als Kriterium verwendet. Trotz vieler beeindruckender Fachausdrücke im Brief wird es aber leider nicht richtig transparent, durch welche der möglichen Maschen im Beurteilungsnetz Dietzenbach gefallen sein könnte.
Man kann es aber auch einfach erklären: es sind schon zu viele Mitglieder in der Kommission, und Dietzenbach ist zur Zeit nicht betroffen genug. Die Kommission war mit 22 Mitgliedern schon immer größer, als im Luftverkehrsgesetz (15 Mitglieder) vorgesehen - im Rhein-Main-Gebiet gab es eben schon immer viele Fluglärm-Betroffene. Nach Bekanntwerden der Ausbaupläne und der Flugroutenänderung von 2001 wollten zahlreiche neu oder potentiell vom Ausbau betroffene Kommunen und Kreise ebenfalls einbezogen werden. In 2002 wurde die Kommission daher von 22 auf 38 Mitglieder erweitert (siehe auch ). Nach Aussage des damaligen Ministers Posch war der Ausbau der Hauptgrund für die Vergrößerung.
Dass das Ministerium sich zu den Raunheimer Plänen nicht äußern will, bevor ein Beschluss der Fluglärmkommission vorliegt, ist verständlich. Und wenn ein Beschluss gefasst werden sollte, wird sich das Ministerium auch nicht in den Verteilungsstreit einmischen - warum sollte es gerade die Interessen des Kreises Offenbach vertreten? Das Ministerium wird allenfalls dann protestieren, wenn die Interessen von Fraport und/oder die Ausbaupläne dadurch gestört werden sollten.
Die Aussage des Ministeriums am Schluss des Briefes aber stimmt bedenklich: "Bislang konnten die Genehmigungsbehörden und die für die Flugsicherung zuständige Stelle auf den fundierten und anerkannten Sachverstand der Kommission zurückgreifen. Zuversichtlich bin ich, dass die Kommission in den anstehenden Beratungen um die eingegangegen Fluglärm-Entlastungsvorschläge auch ein ausgewogenes Ergebnis erzielen wird".
Beruhigungstaktik. Lasst die Verantwortlichen mal machen, es wird schon etwas Gutes dabei herauskommen, wie früher auch schon - so lautet die Botschaft. Eine Folge der Erfahrung des Ministeriums, dass die Fluglärmkommission in der Vergangenheit nicht allzu viel Ärger bereitet hat? Eine Zustimmung für eine "Demokratisierung" des Fluglärms? Vielleicht. Oder Folge der Überzeugungsarbeit von Herrn Jühe? Sehr wahrscheinlich.
"Jühe wies ... darauf hin, dass er mit dem Raunheimer Fluglärmentlastungskonzept mittlerweile Aufsehen bis in die Wiesbadener Staatskanzlei erreicht habe".
Aus "Mainspitze", 1. September 2004
Offenbar will das Ministerium die Intention des Dietzenbacher Antrags nicht verstehen. Wenn ernsthaft Vorschläge diskutiert werden sollen, signifikant mehr Lärm nach Dietzenbach zu verteilen, dann muss die Stadt auch mit entscheiden können. Die gegenwärtige Betroffenheit oder Betroffenheit durch Ausbaupläne ist dann gleichgültig.
Die Stadt sollte die Beruhigungspille deshalb nicht schlucken. Falls hier jemand tatsächlich daran geglaubt haben sollte, dass das Ministerium Dietzenbach oder andere Städte des Kreises Offenbach unterstützen würde, ist er jetzt eines Besseren belehrt. Wehren muss sich der Kreis Offenbach schon selber.
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