Pressemitteilung Fluglärmschutzkommission Frankfurt vom 03. September 2014
Auf der heutigen Sondersitzung stellte Regine Barth vom Darmstädter Öko-Institut ein im Auftrag der Fluglärmkommission Frankfurt erstelltes Rechtsgutachten zu den Möglichkeiten der Einführung einer Lärmobergrenze am Frankfurter Flughafen vor.
Die Gutachterin stellte im Ergebnis fest, dass die Einführung einer Lärmobergrenze am Flughafen Frankfurt durch das HMWVEL insbesondere aufgrund eines bereits im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Auflagenvorbehalts möglich sei: „Solange eine Lärmobergrenze nicht so ausgestaltet wird, dass sie in Widerspruch zu den Grundlagen der Abwägung im Planfeststellungsbeschluss steht, bleiben verschiedene Umsetzungswege offen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Grundlagen als abwägungsfehlerfrei eingeschätzt, damit hat sich die Ausgestaltung einer Lärmobergrenze an den Vorgaben und Möglichkeiten des Planfeststellungsbeschlusses zu orientieren, so die Gutachterin. Möglich sei z. B. eine Lärmobergrenze mittels des Frankfurter Fluglärmindex, und zwar auch unterhalb der im Planfeststellungsverfahren angenommenen Lärmbelastung in der Region. Denn mit Maßnahmen des aktiven Schallschutzes und modernem lärmarmem Fluggerät könne der Anstieg des Fluglärms aufgrund der steigenden Bewegungszahl abgemildert werden. Auch das vorsorgliche Beschränken der Flugbewegungszahl auf die planfestgestellten 701.000 Flugbewegungen als Höchstgrenze erscheint der Gutachterin möglich.
Ein Großteil der Mitglieder zeigte sich enttäuscht über die Aussicht, dass eine Absenkung des Fluglärms unterhalb des Niveaus des Ausbauzustandes nach aktueller Rechtslage nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist. Konsens bestand jedoch dahingehend, dass alle bestehenden Möglichkeiten einer Limitierung ausgereizt werden müssen. Die Kommissionsmitglieder forderten, dass eine Lärmobergrenze zwingend mit echten Sanktionen verbunden sein müsse, um nicht wieder nur eine Absichtsbekundung der Luftverkehrswirtschaft zu erlangen und vereinbarten, schnellstmöglich Anforderungen an die Ausgestaltung einer Lärmobergrenze erarbeiten und beschließen lassen zu wollen. „Ziel muss es dabei mindestens sein, deutlich weniger Lärm als im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen zu erreichen und insoweit Planungssicherheit auch für die Bürger zu erlangen“, hob die stellvertretende Vorsitzende und Umweltdezernentin aus Mainz, Katrin Eder, hervor.
Der Vorsitzende der Frankfurter Fluglärmkommission und Bürgermeister aus Raunheim, Thomas Jühe, betonte, „dass mit der durch das Gutachten herbeigeführten Klärung der Rechtslage die Tür für die im Koalitionsvertrag der Hessischen Landesregierung vereinbarte Etablierung einer Lärmobergrenze weit aufgestoßen wurde.“ Er forderte die Hessische Landesregierung auf, sich auch vor dem Hintergrund der in zwei Jahren in-Kraft-tretenden Betriebsbeschränkungs- Verordnung der EU-Kommission nun zügig mit der Erarbeitung einer Lärmobergrenze zu befassen. „Es ist nun an der schwarz-grünen Landesregierung, die aufgezeigten rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und Planungssicherheit erstmalig auch für das Flughafenumland zu schaffen“, ergänzte der stellvertretende Vorsitzende Patrick Burghardt, Oberbürgermeister aus Rüsselsheim.
Im Anschluss daran stellte Prof. Dr. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsmitglied des Forums Flughafen und Region, der gleichzeitig Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt ist, ein von ihm entwickeltes Konzept einer Lärmobergrenze, das bereits als Auftrag durch das Mediationsverfahren vorgesehen war, den Mitgliedern vor. Dieses Modell sieht vor, die Lärmbelastung der Region gemäß der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses verbindlich zu limitieren. Eine sanktionierbare Festschreibung der „Lärmhöchstmenge“ würde nach Auffassung von Wörner zwangsläufig dazu führen, dass die Airlines sofort verstärkt lärmarmes Fluggerät einsetzen wollten. Keinesfalls würden die Fluggesellschaften es darauf ankommen lassen wollen, die Lärmobergrenze tatsächlich zu erreichen, weil dies damit verbunden wäre, dass Flieger in Frankfurt nicht mehr abheben dürften.
Er verwies darauf, dass die rechnerische Kapazität des Flughafens über das Jahr 2020 hinaus höher sei als 701.000 Flugbewegungen, auch wenn der Planfeststellungsbeschluss für einen solchen Anstieg eine weitergehende Prüfung vorsehe. Diese theoretische Möglichkeit eines weitergehenden Anstiegs werde mit seinem Modell dahingehend eingeschränkt, dass die Lärmmenge nicht weiter überschritten werden darf.
Gleichzeitig werde erstmalig ein verbindlich wirkender Anreiz für den Einsatz intelligenter Techniken, d. h. leiserer Flugzeuge und Flugverfahren, gesetzt. „Auf diese Weise verbleibt hinreichende Entwicklungsmöglichkeit für den Flugverkehr, solange dieser leise genug abgewickelt wird“, erklärte Prof. Wörner.
Die Mitglieder der Fluglärmkommission dankten Prof. Wörner ausdrücklich für seine engagierte Arbeit an einem Lärmobergrenzenmodell. Dies sei ein wertvoller Beitrag für die weitere Diskussion. Zugleich würdigte der Vorsitzende die langjährigen Bemühungen von Prof. Wörner, unter Beachtung eines fairen Interessenausgleichs zwischen Fluglärmbetroffenen und Luftverkehrswirtschaft deutliche Verbesserungen beim Fluglärmschutz bewirken zu wollen.
Die Kommission wird sich nun mit dem Modell intensiv auseinandersetzen und dabei auch die z. T. schon vorliegenden Vorschläge zu einer Lärmobergrenzenregelung aus den Reihen der Mitglieder berücksichtigen. Ein entsprechender Vorschlag des Vorstandes wird dann dem Plenum zur Beratung vorgelegt.
Ziel ist, dem Wirtschaftsministerium Ende des Jahres einen Anforderungskatalog oder sogar ein eigenes Modell zu unterbreiten.
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