Mitteilung Fluglärmschutzkommission Frankfurt vom 04. Februar 2016
Die wichtigsten Passagen aus der Urteilsbegründung haben wir nachfolgend (teilweise zusammengefasst) aufgeführt:
Das Urteil des VGH Kassel beruht auf der Verletzung von Bundesrecht. Dem VGH Kassel sind zwei Fehler unterlaufen, die auch beachtlich sind:
Der VGH hat den bundesrechtlichen Maßstab verfehlt, indem er einen Mangel im Abwägungsvorgang bescheinigt. Die Rechtswidrigkeit von Flugverfahrensverordnungen kann mit dem Abwägungsvorgang jedoch nicht begründet werden. Maßgeblich ist allein, ob das Ergebnis des Normsetzungsverfahrens den anzulegenden rechtlichen Maßstäben entspricht.
Der VGH hat unter Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Kläger in eigenen Rechten verletzt sind. Das war nicht zutreffend. Betroffene können durch Flugroutenfestsetzungen, die Ziele des Planfeststellungsbeschlusses vereiteln, nur dann in eigenen Rechten verletzt werden, wenn die Planungsziele zu ihrem Schutz formuliert worden sind. Die Vorgabe, 126 Flugbewegungen pro Stunde zu bewältigen, diente jedoch den Interessen der Fraport und der Fluggesellschaften, nicht der Anwohner oder Gemeinden. Eine Rechtsverletzung trifft auch dann nicht zu, wenn die Prüfung eines sachlichen Grundes für die Lärmbelastung an dem Maßstab erfolgt, ob die umstrittene Flugroute mit den Zielen des Luftverkehrsrechts übereinstimmt. Die Festlegung dient als Maßnahme der Flugsicherung der Gewährleistung einer sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs. Auch mit einer geringeren als der angenommenen Kapazität entspricht das strittige Flugverfahren dieser Zielsetzung. Sie ermöglicht die reibungslose Bewältigung von maximal 98 Flugbewegungen je Stunde.
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Ob sich das Urteil des VGH gleichwohl im Ergebnis als richtig erweist oder die Klagen hätten abgewiesen werden müssen, konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht beurteilen, da hierfür notwendige tatsächliche Feststellungen fehlen. Die Klage wurde deshalb an den VGH zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der VGH wird anhand der rechtlichen Maßstäbe des BVerwG zu klären haben, ob sich für die Bewältigung von bis zu 98 stündlichen Flugbewegungen andere, die Kläger weniger belastende Flugverfahren - möglicherweise die Variante 5 - als vorzugswürdig aufdrängen, ohne zur Wahrung der erforderlichen Sicherheitserfordernisse weniger geeignet zu sein.
Zwar entnimmt das BVerwG dem Urteil des VGH, dass die Flugroutenfestlegung rechtmäßig wäre und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzte, wenn mit den Routen 126 Flugbewegungen je Stunde abgewickelt werden könnten. Daraus folgt jedoch nicht, dass der durch die nunmehr geringere Flugdichte hervorgerufene Lärm in jedem Fall abgewogen und eine Verletzung ausgeschlossen ist, weil es für die Kläger jedenfalls nicht lauter wird als im Prognosefall. Auch ein Zurückbleiben von Flugbewegungszahlen gegenüber dem Prognosefall kann für das Verhältnis verschiedener Alternativrouten von Bedeutung sein, wenn etwa die Zahl der unzumutbar Betroffenen auf einer von mehreren alternativen Routen stärker sinkt als in anderen Gebieten, weil sich die Verhältnisse am Boden, insbesondere die Besiedlungsdichte, unterscheiden. Sollte es für die Bewältigung von max. 98 Flugbewegungen je Stunde Alternativrouten geben, die den festgelegten Flugrouten aus Lärmschutzgründen eindeutig überlegen sind und mit geringeren Lärmbetroffenheiten der Kläger einhergehen, ist die Flugroutenbestimmung rechtswidrig.
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Das gilt unabhängig davon, ob die Kläger (nach Beklagtenvortrag ab 2025) damit rechnen müssen, dem Lärm von 126 Flugbewegungen in der Stunde ausgesetzt zu werden, und diesen Lärm hinnehmen müssen. Dieses Szenario liegt so weit in der Zukunft, dass es nicht gerechtfertigt ist, die Abwägungsentscheidung auf diesen Zeitpunkt zu fixieren. Angesichts der bei der Festlegung von Flugverfahren im Vordergrund stehenden Bewirtschaftung des jeweils konkret anfallenden Lärms und flexibler Änderungsmöglichkeiten, ist es nicht nur gerechtfertigt, einen kürzeren zeitlichen Horizont als bei der Verkehrsprognose für die Planfeststellung zu wählen, sondern vorliegend auch geboten. Das Interesse der Kläger am Schutz vor Fluglärm ist zwar unter Umständen nur vorübergehender Natur. Gleichwohl ist es abwägungserheblich, weil sich der Zeitraum bis zum denkbaren Eintritt der zumutbaren Belastung über mehrere Jahre erstreckt.
Die Urteilsbegründgung wurde den Prozessbeteiligten zugestellt. Der Originaltext ist zur Zeit noch nicht im Internet verfügbar.
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