Das neue Fluglärmgesetz
Informationen, Kommentare und Material
Von: @cf <2013-08-13>
Im dritten Anlauf hat die Bundesregierung die Novellierung des Fluglärmgesetzes von 1971 geschafft. Für die Betroffenen kein Grund zur Freude: auch das neue Gesetz schützt eher den Fluglärm als die Menschen. Alles zum neuen Fluglärmgesetz in diesem Beitrag

Übersicht

Anfang Februar 2006 verabschiedete das Bundeskabinett überraschend die in 2005 auf Eis gelegte letzte Version für ein neues Fluglärmgesetz. Schon am 10. Februar wurde der Entwurf in erster Lesung im Bundestag behandelt - das Gesetz sollte offenbar möglichst rasch verabschiedet werden.

Doch die schnelle Initiative war für fluglärmgeplagte Bürgerinnen und Bürger nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Dem neuen Entwurf lag nämlich nicht der ursprüngliche "Referentenentwurf" des ehemaligen Umweltministers Trittin zugrunde, sondern der stark verwässerte Kompromiss, auf den sich Umweltministerium und Verkehrsministerium im Mai 2005 überraschend geeinigt hatten. Der Entwurf verschwand damals allerdings wegen der vorgezogenen Neuwahl in der Schublade ( -> Mehr hier ... ) Nun wurde dieser Entwurf wieder aus der Schublade hervorgeholt. Zufrieden war keiner damit: den Betroffenen ging er nicht weit genug, der Luftfahrtindustrie dagegen immer noch zu weit.

Noch ein Jahr wurde um die Details gestritten. Leider gelang es den Betroffenen trotz großer Bemühungen nicht, den Entwurf entscheidend zu verbessern: die Luftverkehrs-Lobby hat gute Arbeit geleistet und in entscheidenden Punkten ihre Ansichten durchgesetzt. Das novellierte Fluglärmgesetz trat am 7.06.2007 in Kraft.

Die Betroffenen sind mit dem neuen Gesetz nicht zufrieden. So entsprechen die in offiziellen Mitteilungen viel gelobten "stark abgesenkten Grenzwerte" im neuen Gesetz weder beim Schutz der Gesundheit noch bei der Belästigung den neuesten Ergebnissen der Lärmwirkungsforschung. Die Grenzwerte für bestehende Flughäfen sind so hoch, dass an den großen Flughäfen kaum jemand zusätzlich geschützt wird. An einigen Fällen wären die neuen Lärmschutzzonen sogar kleiner als die bisherigen, die auf freiwilligen Regelungen oder Gerichtsentscheidungen beruhen. Die strengeren Grenzwerte für Neubau und Ausbau von Flughäfen sollen erst im Jahr 2011 in Kraft treten, bis dahin ist eine schlechtere Übergangsregelung vorgesehen. So können die laufenden großen Ausbauvorhaben (vor allem Frankfurt und München) noch zum Schnäppchenpreis für die Flughafenbetreiber abgewickelt werden. "Weniger Fluglärm", wie teilweise in der Presse verkündet, bringt das neue Gesetz auf keinen Fall: aktive Schallschutzmaßnahmen oder Nachtflugbeschränkungen sind nicht vorgesehen

In der Folgezeit wurden die zugehörigen "untergesetzlichen Regelungen" (Ausführungsbestimmungen) verhandelt, die zur praktischen Anwendung des Gesetzes erforderlich sind. Die "Erste Fluglärmschutz-Verordnung", die die Datengrundlage und Berechnungsvorschriften für die Bestimmung der Lärmschutzbereiche festlegt, trat am 29.12.2008 in Kraft. Im Mai 2009 verabschiedete das Bundeskabinett auch die "2. Fluglärmschutzverordnung", in der die Ausführung und die Kosten der baulichen Schallschutzmaßnahmen geregelt sind. Die Ausführungsbestimmungen sind für die Fluglärm-Betroffenen eher noch unvorteilhafter als das eigentliche Gesetz ausgefallen.

Aktuelle Gesetzestexte

Chronik der Ereignisse

14.07.2016: Novellierung der Fluglärmgesetzes in 2017

Zehn Jahre sind seit Inkrafttreten vergangen, und das Fluglärmgesetz steht im nächsten Jahr zur Überprüfung und eventuell Novellierung an. Das Rhein-Main-Institut hat gemeinsam mit der Initiative Zukunft Rhein-Main bekannte Lärmwirkungsforscher und Juristen zu einem Wissenschaftsforum eingeladen, um die für die Novellierung wichtigen Aspekte zu beleuchten. Eine ausführliche Dokumentation zur Veranstaltung findet man hier:

13.08.2013: Außenwohnbereichsentschädigungs-Verordnung tritt in Kraft

Am 29.08.2013 tritt die 3. Durchführungsverordnung zum Fluglärmgesetz - die Fluglärm-Außenwohnbereichsentschädigungs-Verordnung - in Kraft. Damit haben Immobilienbesitzer, deren Haus oder Wohnung in der Tagschutzzone 1 liegt, Anspruch auf eine Entschädigung für die Beeinträchtigungen bei der Nutzung von Garten, Terrasse oder Balkon. Den Text des Gesetzes findet man HIER.

02.07.2009: Schallschutzverordnung im Bundesrat

Die Schallschutzverordnung wird am 10. Juli im Bundesrat behandelt. Wie die BVF mitteilt, haben Umweltausschuss und Verkehrsausschuss unterschiedliche Anträge gestellt, über die abgestimmt werden soll - der Umweltausschuss will deutliche Verbesserungen für die Betroffenen durchsetzen, der Verkehrsausschuss massive Verschlechterungen. BVF und Verbände haben sich nochmals in einem Brief an die Ministerpräsidenten gewandt und diese aufgefordert, im Bundesrat für den Antrag des Umweltausschusses zu stimmen. Ansonsten würden die Fluglärm-Betroffenen weit schlechter gestellt werden als die Betroffenen von Straßen- und Schienenlärm. Zwölf Jahre Arbeit an einem neuen Fluglärmgesetz und neuen Verordnungen hätten dann für die Betroffenen gar nichts gebracht.

Was für die fluglärmgeplagten Bürger von großer Wichtigkeit ist, ist beim Bundesrat nur ein Punkt "unter ferner liefen": auf der Tagesordnung steht die Schallschutzverordnung als Punkt 65 ...

15.06.2009: BVF und Verbände schreiben an Politiker

Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm, verschiedene Umweltverbände und die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen schreiben erneut an Minister Gabriel und alle Ministerpräsidenten der Länder, weil sie mit dem Gesetzentwurf zur Schallschutzverordnung nicht zufrieden sind - nicht einmal die sowieso geringen Schutzanforderungen des Fluglärmgesetzes würden umgesetzt. Die ADV dagegen meint, die Verordnung gehe weit über das Fluglärmgesetz hinaus, was für die Flughäfen nicht hinnehmbar sei.

27.05.2009: Bundeskabinett beschliesst Schallschutzverordnung

Das Bundeskabinett hat eine neue Schallschutzverordnung ("2. FlugLSV", die letzte noch zur konkreten Umsetzung des neuen Fluglärmgesetzes fehlende Verordnung) beschlossen. In der Verordnung wird der bauliche Schallschutz für Wohnungen und andere schutzbedürftige Einrichtungen (z.B. Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser) geregelt. Damit die Verordnung in Kraft treten kann, muss noch der Bundesrat zustimmen.

28.01.2009: BVF und Umweltverbände kritisieren neuen Entwurf der Schallschutzverordnung

Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm, BUND, VCD, Robin Wood, Deutscher Naturschutzring und die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flugkärmkommissionen (ADF) beschweren sich bei Bundesumweltminister Gabriel über den aktuellen Entwurf einer neuen Schallschutzverordnung. Der vorgesehene Schutz sei völlig ungenügend und bleibe hinter den Schutzkriterien für Schiene und Straße zurück. Die Ergebnisse der zur Novellierung eingesetzten Arbeitsgruppe und die Empfehlungen des Umweltbundesamtes seien einseitig zu Lasten der Fluglärmbetroffenen nicht umgesetzt worden, ktitisieren die Verbände. Der Luftfahrtlobby dagegen geht auch dieser Entwurf noch viel zu weit.

29.12.2008: Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm

Die Verordnung über die Datenerfassung und das Berechnungsverfahren für die Festsetzung von Lärmschutzbereichen (1. FlugLSV)" wurde heute im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt damit in Kraft. Es geht in der Verordnung um die Datenerfassung der Flugdaten und das Berechnungsverfahren für die Festsetzung von Lärmschutzbereichen aufgrund dieser Daten.

19.11.2008: Bundeskabinett beschließt Verordnung über Lärmschutzbereiche

Das Bundeskabinett hat heute eine neue Fluglärmschutzverordnung beschlossen, die das Fluglärmgesetz ergänzt. In der Verordnung wird geregelt, welche Daten über den Flugbetrieb vom Flughafenbetreiber vorzulegen sind (Datenerfassungssystem, "DES") und wie aus den Daten die Lärmschutzbereiche berechnet werden ("Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen(AzB)"). Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) kritisiert den Schutz als völlig ungenügend. Die Vorgaben des Fluglärmgesetzes würden noch weiter verschlechtert.

29.10.2008: Entwurf für neue Schallschutzverordnung vorgelegt

Ein Entwurf zur "Ersten Verordnung zur Änderung der Schallschutzverordnung" vom UBA kommt an die Öffentlichkeit. In der Schallschutzverordnung wird der passive Schallschutz, d.h. bauliche Maßnahmen zum Schutz vor Fluglärm geregelt (technische Maßnahmen, Dimensionierung, Kosten). Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) hält die Umsetzung der Schutzziele des Fluglärmgesetzes durch die Verordnung für ungenügend und damit für nicht gesetzeskonform (siehe technische Stellungnahme unten).

09.06.2008: BVF klagt beim Bundesverfassungsgericht gegen Fluglärmgesetz
Einige Privatpersonen, unterstützt von der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF), werden in den nächsten Tagen eine Verfassungsklage gegen das Fluglärmgesetz einreichen. Aus Sicht der BVF werden bei der Festlegung der Grenzwerte im Fluglärmgesetzt die aktuellen Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung ignoriert. Insbesondere wird kein wirksamer Schutz vor nächtlichem Fluglärm und seinen schädlichen Folgen erreicht. Die Klage richtet sich gegen das Nichtbeachten der Gesundheitsgefährdung, wodurch die Menschenrechte verletzt würden.

07.06.2007: Fluglärmgesetz tritt in Kraft
Das novellierte Fluglärmgesetz wurde gestern im Bundesgesetzblatt Nr. 24 veröffentlicht und tritt damit zum 07.06.2007 in Kraft. Zur konkreten Anwendung fehlt noch das untergesetzliche Regelwerk, in dem z.B. die Berechnung der Lärmschutzbereiche und die Ausführung der Schallschutzmaßnahmen geregelt wird.

05.03.2007: BVF schreibt an Bundespräsidenten
Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm hat in einem Brief den Bundespräsidenten aufgefordert, die Verfassungsmäßigkeit des neuen Fluglärmgesetzes besonders genau zu prüfen, und ihre verfassungsmäßigen Bedenken dargelegt.

16.02.2007: Bundesrat billigt Fluglärmgesetz
Der Bundesrat hat am 16.2.2007 nicht nur die Gesundheitsreform, sondern auch das neue Fluglärmgesetz gebilligt - von der Öffentlichkeit fast unbemerkt. Nur der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Flughäfen (ADV) war die Sache eine -> Pressemitteilung Wert. Die ADV äußert sich zufrieden und bietet der Regierung bei der noch erforderlichen "Ausarbeitung des untergesetzlichen Regelwerkes" ihre konstruktive Unterstützung an.

14.12.2006: Bundestag beschließt neues Fluglärmgesetz
Der Bundestag hat heute das neue Fluglärmgesetz beschlossen. Entscheidende Verbesserungen gegenüber dem Entwurf der Regierung gab es nicht - es ist wieder ein Gesetz zum Schutz des Fluglärms.

30.11.2006: Umweltausschuss berät Gesetzesvorlage
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Bundestages hat den Entwurf zum Fluglärmgesetz beraten. CDU/CSU und SPD, FDP, Grüne und Die Linke hatten Änderungsentwürfe eingebracht. Nur der Antrag der Regierungsfraktionen wurde angenommen. Stichpunkte: Wesentliche Änderung ab 2 dB(A), Bestandsschutz für bestehende Regelungen, einheitlich 6 Jahre bis zum Entstehen des Anspruchs auf Schallschutz. Tag und Nacht Berechnung nach der 3-Sigma-Regelung, "Lex Fraport" bleibt. Schlecht!
Genauer Interessierte finden die abgelehnten Anträge in der Materialsammlung der BI Eppstein zum Fluglärmgesetz .

23.11.2006: Petition gegen Fluglärmgesetz
Ein Mainzer Bürger hat beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eine Petition für ein besseres Fluglärmgesetz eingereicht - ein letzter Versuch, den untauglichen Gesetzentwurf noch zu stoppen. Alle Fluglärm-Betroffenen sollten unterzeichnen!

20.09.2006: Wahrscheinlich wenig Verbesserungen beim Fluglärmgesetz
Eine Delegation von Kommunalpolitikern aus dem Rhein-Main-Gebiet hat mit dem umweltpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Petzold ein Gespräch zum Stand geführt. Ergebnis: die Vorschläge aus der Region wurden im Wesentlichen ignoriert. Petzold bezeichnete das Nachtflugverbot in Frankfurt als "problematisch".

Kommentar: Wahrscheinlich wenig Verbesserungen beim Fluglärmgesetz

24.07.2006: Neuer Entwurf im September?
Nach Aussagen aus Politikerkreisen wird der Entwurf des Fluglärmgesetzes derzeit "nachgebessert". Im September soll ein neuer Entwurf vorgelegt werden.

23.06. 2006: Resolution gegen Fluglärmgesetz in Berlin übergeben
Am Freitag, den 23.06.96, 12 Uhr, hat eine Delegation von Kommunalpolitikern aus dem Rhein-Main-Gebiet eine von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen in Zusammenwirken mit der Initiative Zukunft Rhein-Main eine Resolution für ein wirksameres Fluglärmgesetz in Berlin an die zuständigen Bundestagsabgeordneten übergeben. Auch Kommunalpolitiker anderer Flughafenstandorte und Bürgerinitiativen nahmen an der Aktion teil und äußerten ihren Protest gegen den vorliegenden Gesetzentwurf.

Delegation übergibt Resolution zum Fluglärmgesetz

13.06. 2006: Bündnis fordert: Entwurf ablehnen!
Das Bündnis der Bürgerinitiativen hat in einem Brief die Abgeordneten des Bundestags gebeten, den vorliegenden Entwurf für ein neues Fluglärmgesetz abzulehnen. Statt dessen fordert das Bündnis einen wirksamen Schutz vor Fluglärm. Die nach einigen Wochen eingegangenen (mehr oder weniger enttäuschenden) Antworten von SPD und Grünen finden Sie ebenfalls hier:

08.05.2006: Anhörung zum Fluglärmgesetz im Umweltausschuss des Bundestages
Anlässlich der heutigen Expertenanhörung zur Novelle des Fluglärmgesetzes im Umweltausschuss haben die Umweltverbände in einer gemeinsamen Erklärung nochmals deutlich gemacht: dieses Fluglärmgesetz wollen sie nicht! Die BVF wurde doch noch eingeladen. Alle Details zur Anhörung finden Sie hier:

25.04.2006: BVF kritisiert Entwurf des neuen Fluglärmgesetzes
Die vom Bundeskabinett beschlossene Novelle des Fluglärmgesetzes würde eher die Flughäfen vor den Menschen als die Menschen vor Fluglärm schützen, meint die BVF anlässlich des "Tags gegen Lärm".

02.04.2006: BVF nicht zur Expertenanhörung eingeladen!
Am 8. Mai soll eine Expertenanhörung zum neuen Fluglärmgesetz im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages stattfinden. Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm wurde dazu nicht eingeladen! Warum wohl? Aus Berliner Kreisen hörte man die Äußerung, der Gesetzentwurf sei "ein mühselig austariertes, politisches Gebilde, das sofort zusammenbreche, wenn irgendeine Seite daran rühre".

10.02.2006: 1. Lesung im Bundestag
Der Entwurf zum neuen Fluglärmgesetz wurde heute in erster Lesung im Bundestag behandelt. Das Protokoll der Debatte können Sie hier nachlesen:

02.02.2006: Bundeskabinett beschließt Entwurf für neues Fluglärmgesetz
Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf für eine Novellierung des Fluglärmgesetzes beschlossen. Umweltminister Gabriel versprach "mehr Schutz vor Fluglärm für Anwohner und größere Planungssicherheit für die Flughäfen". Mehr hier:

Der Gesetzentwurf des Bundesregierung von 2006

Stellungnahmen

Weitere Informationen und Material

Themen hierzuAssciated topics:

Fluglärmschutz Fluglärmgesetz Novellierung des Fluglärmgesetzes Bundesregierung (Deutschland) Fluglärm

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