Kommission leitet rechtliche Schritte gegen Deutschland wegen Verletzung des EU-Umweltrechts ein
Pressemitteilung IP/03/422 vom 30.03.2004
<2004-03-31>
Die Europäische Kommission hat Deutschland eine erste schriftliche Mahnung im Zusammenhang mit der Erweiterung des Flughafens Frankfurt übermittelt, da die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, mit denen schwere Industrieunfälle vermieden werden sollen, nicht korrekt angewandt wurden. Die Regierung Hessens hat die Absicht, trotz der Nähe des Ticona-Chemiewerks und trotz der ablehnenden Stellungnahme der Störfallkommission, den Bau der neuen Nordwest-Landebahn am Frankfurter Flughafen voranzutreiben. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Vorschriften der EU-Seveso-II-Richtlinie für die Flächennutzungsplanung nicht eingehalten wurden. Außerdem wird die Kommission Deutschland in drei weiteren Fällen letzte schriftliche Mahnungen übermitteln, weil EU-Vorschriften zum Naturschutz und zur Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurden. Ein Fall betrifft die Naturschutzgebiete "Niederungen der Unteren Havel" in Brandenburg. Für einen Landstrich, der möglicherweise vom Bau einer neuen Bundesstraße (B102n) betroffen ist, hat Deutschland bei der Straßenplanung die genaue Abgrenzung des Gebiets nicht festgelegt. Ein weiterer Fall betrifft die Nichtumsetzung der Umweltverträglichkeitsprüfung für Pläne und Projekte, die EU-Naturschutzgebiete erheblich beeinträchtigten könnten. Vier Bundesländer - Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt haben noch keine entsprechenden Gesetze erlassen, obwohl dies bereits bis Juni 1994 hätte geschehen müssen. Der letzte Fall betrifft die Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für ein großes Windkraftprojekt "Brualer Moor" in Niedersachen. Nach EU-Umweltrecht ist die Umweltverträglichkeitsprüfung eine wichtige Maßnahme, mit der sichergestellt wird, dass Entwicklungsprojekte gut konzipiert sind und nicht zu unnötigen Umweltbelastungen führen.
Hierzu meinte das für Umwelt zuständige Kommissionsmitglied Margot Wallström: "Diese vier Fälle zeigen, dass Deutschland seine Entscheidungen besser mit Blick auf deren Umweltverträglichkeit für Natur und menschliche Gesundheit prüfen muss. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, den Verlust an biologischer Vielfalt in der EU bis 2010 zu stoppen (1). Ich bitte deshalb die deutsche Regierung eindringlich, an der Erreichung dieses Ziels mitzuwirken, indem sie Praxis und Verfahren beim Schutz wichtiger Naturschutzgebiete verbessert und die erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfungen durchführt."
Der Fall Flughafen Frankfurt
Ziel der Seveso-II-Richtlinie(2) ist es, schwere Unfälle mit gefährlichen Stoffen zu vermeiden und ihre Folgen für die Gesundheit der Bürger und für die Umwelt zu begrenzen. Gegenüber der Vorläufer-Richtlinie Seveso-I (Richtlinie 82/501/EWG des Rates) wurden der Anwendungsbereich erweitert und die Bestimmungen verschärft. Unternehmen, die gefährliche Stoffe lagern, unterliegen strengen Auflagen. So sind sie verpflichtet, die Behörden zu unterrichten, ein Konzept zur Verhütung schwerer Unfälle vorzulegen, einen Sicherheitsbericht auszuarbeiten und Notfallpläne zu erstellen.
Die erste an Deutschland gerichtete Mahnung bezieht sich auf die Vorschriften der Richtlinie für die Flächennutzung. Die vom Flughafen Frankfurt geplante neue Nordwest-Landebahn liegt weniger als einen Kilometer von dem Chemiewerk Ticona entfernt. Sowohl der Flughafen als auch das Ticona-Werk sind Anlagen, die unter die Seveso-II-Richtlinie fallen. Die regionale Planfeststellung, mit der das regionale Planfeststellungsverfahren abgeschlossen wurde, kam zu dem Ergebnis, dass die Nordwest-Landebahn mit den regionalen Planungs- und Entwicklungszielen vereinbar ist und im Vergleich zu anderen Alternativen (Nordost oder Süd) Vorteile bietet. Allerdings wurde das Risiko, dass Flugzeuge, die die Nordwest-Landebahn ansteuern, in das Ticona-Werk stürzen könnten, nicht hinreichend berücksichtigt. Gemäß der neuen Richtlinie müssen Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sie bei ihrer Flächennutzungspolitik und/oder sonstigen einschlägigen politischen Maßnahmen die Ziele der Vermeidung schwerer Unfälle und der Begrenzung der Folgen solcher Unfälle berücksichtigen.
Die Kommission räumt jetzt der deutschen Regierung eine Frist von zwei Monaten zur Beantwortung dieses Schreibens ein.
<Stellungnahme zu weiteren Mahnungen wegen Verletzung des Umweltrechts ... >
Rechtslage
Nach Artikel 226 ist die Kommission befugt, rechtliche Schritte gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, der seinen Pflichten nicht nachkommt. Wenn nach Auffassung der Kommission möglicherweise ein Verstoß gegen das EU-Recht vorliegt, der die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens rechtfertigt, richtet sie an den betreffenden Mitgliedstaat ein "Aufforderungsschreiben" (erste schriftliche Mahnung), in dem dieser aufgefordert wird, sich bis zu einem festgelegten Termin, in der Regel innerhalb von zwei Monaten, zu äußern.
Je nachdem, wie sich der betreffende Mitgliedstaat in seiner Antwort äußert und ob er überhaupt antwortet, kann die Kommission beschließen, ihm eine "mit Gründen versehene Stellungnahme" (zweite schriftliche Mahnung) zu übermitteln, in dem sie klar und eindeutig darlegt, weshalb ihrer Ansicht nach ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vorliegt, und den Mitgliedstaat auffordert, seinen Verpflichtungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums (in der Regel zwei Monate) nachzukommen.
Kommt der Mitgliedstaat dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht nach, kann die Kommission beschließen, den Europäischen Gerichtshof mit dem Fall zu befassen.
Nach Artikel 228 EG-Vertrag ist die Kommission befugt, gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, der einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht nachgekommen ist. Nach diesem Artikel kann die Kommission den Gerichtshof auch auffordern, gegen den betreffenden Mitgliedstaat ein Zwangsgeld zu verhängen.
Hierzu meinte das für Umwelt zuständige Kommissionsmitglied Margot Wallström: "Diese vier Fälle zeigen, dass Deutschland seine Entscheidungen besser mit Blick auf deren Umweltverträglichkeit für Natur und menschliche Gesundheit prüfen muss. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, den Verlust an biologischer Vielfalt in der EU bis 2010 zu stoppen (1). Ich bitte deshalb die deutsche Regierung eindringlich, an der Erreichung dieses Ziels mitzuwirken, indem sie Praxis und Verfahren beim Schutz wichtiger Naturschutzgebiete verbessert und die erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfungen durchführt."
Der Fall Flughafen Frankfurt
Ziel der Seveso-II-Richtlinie(2) ist es, schwere Unfälle mit gefährlichen Stoffen zu vermeiden und ihre Folgen für die Gesundheit der Bürger und für die Umwelt zu begrenzen. Gegenüber der Vorläufer-Richtlinie Seveso-I (Richtlinie 82/501/EWG des Rates) wurden der Anwendungsbereich erweitert und die Bestimmungen verschärft. Unternehmen, die gefährliche Stoffe lagern, unterliegen strengen Auflagen. So sind sie verpflichtet, die Behörden zu unterrichten, ein Konzept zur Verhütung schwerer Unfälle vorzulegen, einen Sicherheitsbericht auszuarbeiten und Notfallpläne zu erstellen.
Die erste an Deutschland gerichtete Mahnung bezieht sich auf die Vorschriften der Richtlinie für die Flächennutzung. Die vom Flughafen Frankfurt geplante neue Nordwest-Landebahn liegt weniger als einen Kilometer von dem Chemiewerk Ticona entfernt. Sowohl der Flughafen als auch das Ticona-Werk sind Anlagen, die unter die Seveso-II-Richtlinie fallen. Die regionale Planfeststellung, mit der das regionale Planfeststellungsverfahren abgeschlossen wurde, kam zu dem Ergebnis, dass die Nordwest-Landebahn mit den regionalen Planungs- und Entwicklungszielen vereinbar ist und im Vergleich zu anderen Alternativen (Nordost oder Süd) Vorteile bietet. Allerdings wurde das Risiko, dass Flugzeuge, die die Nordwest-Landebahn ansteuern, in das Ticona-Werk stürzen könnten, nicht hinreichend berücksichtigt. Gemäß der neuen Richtlinie müssen Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sie bei ihrer Flächennutzungspolitik und/oder sonstigen einschlägigen politischen Maßnahmen die Ziele der Vermeidung schwerer Unfälle und der Begrenzung der Folgen solcher Unfälle berücksichtigen.
Die Kommission räumt jetzt der deutschen Regierung eine Frist von zwei Monaten zur Beantwortung dieses Schreibens ein.
<Stellungnahme zu weiteren Mahnungen wegen Verletzung des Umweltrechts ... >
Rechtslage
Nach Artikel 226 ist die Kommission befugt, rechtliche Schritte gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, der seinen Pflichten nicht nachkommt. Wenn nach Auffassung der Kommission möglicherweise ein Verstoß gegen das EU-Recht vorliegt, der die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens rechtfertigt, richtet sie an den betreffenden Mitgliedstaat ein "Aufforderungsschreiben" (erste schriftliche Mahnung), in dem dieser aufgefordert wird, sich bis zu einem festgelegten Termin, in der Regel innerhalb von zwei Monaten, zu äußern.
Je nachdem, wie sich der betreffende Mitgliedstaat in seiner Antwort äußert und ob er überhaupt antwortet, kann die Kommission beschließen, ihm eine "mit Gründen versehene Stellungnahme" (zweite schriftliche Mahnung) zu übermitteln, in dem sie klar und eindeutig darlegt, weshalb ihrer Ansicht nach ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vorliegt, und den Mitgliedstaat auffordert, seinen Verpflichtungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums (in der Regel zwei Monate) nachzukommen.
Kommt der Mitgliedstaat dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht nach, kann die Kommission beschließen, den Europäischen Gerichtshof mit dem Fall zu befassen.
Nach Artikel 228 EG-Vertrag ist die Kommission befugt, gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, der einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht nachgekommen ist. Nach diesem Artikel kann die Kommission den Gerichtshof auch auffordern, gegen den betreffenden Mitgliedstaat ein Zwangsgeld zu verhängen.
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Bundesregierung (Deutschland) Europäische Union Hessische Landesregierung Ticona EU - Richtlinien
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