Nach langen Diskussionen in der Fluglärmkommission und außerhalb hat die DFS Anfang der Woche die neuen Flugrouten für den Flughafen Berlin-Schönefeld (BER) vorgestellt. Dabei wurde der von der Fluglärmkommission erarbeitete Kompromissvorschlag weitgehend übernommen. Nach den jetzt vorgesehenen Routen wird Potsdam umflogen, dafür werden der Südwesten Berlins und Brandenburger Gemeinden wie Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow stark belastet (genaueres siehe Präsentation der DFS unten).
Seit dem Herbst letzten Jahres, als die DFS ganz andere als die im Planfeststellungsverfahren angenommenen Flugrouten vorstellte, tobte in Berlin ein heftiger Streit um die Verteilung des Fluglärms. Bürgerinitiativen in den unerwartet neu betroffenen Bezirken organisierten intensiven Widerstand und bekamen schließlich Unterstützung von der Politik. Die Fluglärmkommission wurde so erweitert, dass praktisch alle Betroffenen vertreten sind. Zahlreiche alternative Routenführungen wurden durchgerechnet und bewertet und schließlich ein Kompromiss gefunden, der zwar auch Verlierer hat, aber besser ist als die von der DFS ursprünglich vorgeschlagene Lösung.
Für die DFS bedeuten die Berliner Vorgänge eine Schlappe: hatte sie doch letztes Jahr ihren ersten Vorschlag als "alternativlos" bezeichnet. Das Engagement und der massive Widerstand der Bürgerinnen und Bürger in Berlin hat zum ersten Mal die sonst allmächtig scheinende Institution zur Überarbeitung ihrer Planungen gezwungen. Auch bemerkenswert: die Diskussion wurde nicht nur hinter verschlossenen Türen geführt, wie man es aus Rhein-Main gewohnt ist. So sind die Protokolle und Fachunterlagen der Fluglärmkommission Berlin öffentlich im Internet verfügbar.
Weil es Gewinner und Verlierer gibt, ist das Echo auf die neuen Flugrouten gemischt - während man in Postdam zufrieden ist, erwägen andere Gemeinden und Initiativen Beschwerden und Klagen. Einige Bürgerinitiativen wollen nächste Woche sogar eine Unterschriftenaktion für ein Volksbegehren gegen die geplanten Flugrouten starten. Die Luftverkehrsgesellschaften können mit den jetzt beschlossenen Flugrouten gut leben, wie sie sagen. Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm beurteilt die jetzt festgelegten Flugrouten aus technischer Sicht allerdings keineswegs als optimal (siehe Pressemitteilung ).
Berliner Politiker zeigten sich überwiegend zufrieden mit dem erreichten Kompromiss. Bundesverkehrsminister Ramsauer äußerte sich ähnlich, übte aber danach ziemlich unverblümte Kritik an den für das Planungsverfahren zuständigen Behörden und Politikern: die Flugroutenfrage sei im Planungsverfahren nicht richtig durchdacht und ausdiskutiert worden. Die Entscheidung der DFS nannte Ramsauer "eine Reparaturmaßnahme", die man sich hätte sparen können, wenn man den Bürgern frühzeitig die Wahrheit über die Routen gesagt hätte. Ramsauer kündigte an, dass die Flugrouten ein halbes Jahr nach ihrer Einführung überprüft werden sollen.
Mehr:
- Artikel "Berliner Morgenpost" zur Flugroutenentscheidung (als Beispiel)
(Mehr Presseartikel sind über Google News , Stichworte Flugrouten Berlin, zu finden) - Präsentation der DFS zu den neuen Flugrouten vom 04.07.2011
- Fluglärmkommission Berlin, Protokolle und Fachunterlagen
- Vorgeschichte: Flugrouten für Berlin-Schönefeld sorgen für Streit
- Pressemitteilung der Bundesvereinigung gegen Fluglärm zu den Berliner Flugrouten vom 04.07.2011
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