LEP-Änderung: EU-Beschwerde wegen Umweltinformations-Richtlinie eingereicht
Darf die Landesregierung wichtige Gutachten unter Verschluss halten?
Von: @cf <2005-08-06>

In den Unterlagen zum Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans, der zur Zeit zur Stellungnahme ausliegt, bezieht sich die Hessische Landesregierung bei ihrer Risiko-Beurteilung (z.B. in Fall Ticona) entscheidend auf neue Gutachten des TÜV Pfalz vom Jahr 2005. Diese Gutachten hält die Landesregierung bisher unter Verschluss. Bürgerinnen und Bürger, die die Argumentation zur Begründung des Landesentwicklungsplan nachvollziehen wollen, um dies bei ihren Stellungnahmen zu berücksichtigen, haben nicht die Möglichkeit, die Aussagen in den Gutachten zu prüfen.

Berthold Fuld hat deshalb diese Gutachten beim zuständigen Ministerium angefordert und bezieht sich dabei auf die Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG der EU. Das Ministerium hat diesen Antrag mit keineswegs überzeugenden Gründen abgelehnt. Auch das Regierungspräsidium Darmstadt wollte die Gutachten nicht herausgeben.Fuld hat jetzt bei der EU-Kommission eine Beschwerde wegen Nichtbeachtung der EU-Umweltinformationsrichtlinie eingereicht, deren Inhalt wir hier wiedergeben. Hoffentlich hilft es!



Dr.-Ing. Berthold Fuld

Europäische Kommission
Rue de la Loi 200
1049 Brüssel
Belgien
Datum: 27.07.05

BESCHWERDE
wegen Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts

des Dr.-Ing. Berthold Fuld, Beschwerdeführer
gegen
die Bundesrepublik Deutschland - Beschwerdegegnerin
wegen
Verweigerung des Zugangs zu umweltrelevanten Informationen

Die Beschwerde richtet sich gegen den Mitgliedsstaat Bundesrepublik Deutschland, die für das Verhalten des Bundeslandes Hessen verantwortlich gemacht wird. Ich werfe ihr einen Verstoß gegen die RICHTLINIE 2003/4/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen vor. Die Beschwerde intendiert eine Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland.

Ich habe am 4.7.05 das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung gebeten, mir 4 in der Literaturliste des Umweltberichts zur Änderung des Landesentwicklungsplans für den Ausbau des Frankfurter Flughafens aufgeführte Gutachten des TÜV Pfalz zugänglich zu machen. Dieser Antrag wurde mit E-Mail-Bescheid vom 22.7.05 abgelehnt (siehe Anlage).

Der Ablehnungsgrund gehört nicht zu den in der Richtlinie aufgeführten; die bloße Vermutung, dass die Gutachten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten könnten, genügt nicht. Aus meiner Kenntnis des betroffenen Betriebes, der Ticona GmbH in Kelsterbach, spricht vieles gegen die Annahme, dass die Gutachten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten; ähnliche Gutachten wurden ja bereits im letzten Jahr veröffentlicht. Darüber hinaus fordert Artikel 4 Abs (4), dass nach Möglichkeit schützenswerte Informationen von anderen zu trennen sind; dies hat die Behörde noch nicht einmal erwogen. Darüber hinaus halte ich es für angebracht, in einem solchen Fall eine Erklärung des betroffenen Unternehmens, wonach die gewünschten Unterlagen Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse enthalten, zu fordern.

Da ich längere Zeit keine Antwort erhielt, habe ich den Antrag gegenüber einem Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Darmstadt wiederholt, an den eine ähnliche Anfrage an das HMWVL im Mai 2005 weitergeleitet wurde und der mir im Mai auch geantwortet hatte. Auch von ihm erhielt ich heute eine allerdings anders begründete Ablehnung (siehe Anlage). Dass eine die Erstellung einer Unterlage noch nicht abgeschlossen ist, ist grundsätzlich ein Ablehnungsgrund. Allerdings ist es zumindest fragwürdig, sich in einem der Öffentlichkeit zur Stellungnahme vorgelegten Plan (die Öffentlichkeitsbeteiligung läuft z.Z) auf noch nicht abgeschlossene Gutachten zu beziehen. Darüber hinaus wird kein Fertigstellungstermin genannt (entgegen der Forderung in Artikel 4 Abs. (1) letzter Satz) .

Es erfolgte keinerlei Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Bekanntgabe. Dieses ist im vorliegenden Fall als sehr hoch einzuschätzen, da es sich hier um umweltrelevante Informationen handelt, die nicht nur bei der Entscheidung über den Landesentwicklungsplan einen bedeutenden Stellenwert einnehmen, sondern wahrscheinlich auch bei der Entscheidung über den Planfeststellungsantrag zum Bau der Landebahn. Durch das Zurückhalten wichtiger Informationen wird es dem Bürger erschwert, in den laufenden Anhörungsverfahren eine qualifizierte Stellungnahme abzugeben. Ich bitte Sie daher, auch zu prüfen, ob ein Verstoß gegen die Richtlinien 85/337/EG und 2001/42/EG vorliegt.

Darüber hinaus verstößt der Bescheid gegen Artikel 4 Abs. 5 der Richtlinie 2003/4/EG, wonach der Antragsteller über das Beschwerdeverfahren nach Artikel 6 zu unterrichten ist.

Berthold Fuld


Antwort des Wirtschaftsministeriums auf die Anforderung der Gutachten
(von Clemens Christmann, Pressesprecher des Ministeriums)

Sehr geehrter Herr Fuld,

zunächst bitte ich um Entschuldigung, dass ich auf Ihre Anfrage vom 04.Juli 2005 erst jetzt reagiere. Sie hatten um Übersendung der in der Begründung des Entwurfs zur Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 erwähnten Gutachten des TÜV-Pfalz gebeten. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihrer Bitte zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entsprechen kann, da eine abschließende Entscheidung über deren Herausgabe noch nicht getroffen wurde. Die erwähnten Gutachten enthalten möglicherweise Angaben, die als Geschäfts-oder Betriebsgeheimnisse der untersuchten Unternehmen einzustufen sind.

In dem Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans ist das Hessische Wirtschaftsministerium grundsätzlich bestrebt, eine möglichst umfassende Information der Öffentlichkeit sicherzustellen. Ich bitte aber um Verständnis, dass hierbei auch die oben erwähnten privaten Belange einer sorgfältigen Prüfung bedürfen.
...

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Landesentwicklungsplan Hessen (LEP) Absturz-Gefahr Hessische Landesregierung EU-Kommission Beschwerde

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