Störfall-Kommission ist gegen neue Landebahn neben Chemiewerk
Fraport und Ministerpräsident Koch halten an Ausbauplänen fest
Von: @cf <2004-02-18>

Die Störfall-Kommission hat entschieden: sie hält den Betrieb des Chemiewerks Ticona und das Ausbauvorhaben Landebahn Nordwest für unvereinbar. Ministerpräsident Koch und Fraport wollen trotzdem an ihren Plänen festhalten.

Der geplante Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main durch eine neue Landebahn Nordwest ist nach Ansicht der Störfall-Kommission des Bundes nicht vereinbar mit dem Betrieb des in der Anflugschneise gelegenen Chemiewerks Ticona. Die Kommission folgte damit ohne Gegenstimmen bei zwei Enthaltungen dem Votum ihrer "Arbeitsgruppe Flughafen" von Ende Januar. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch erklärte, die Entscheidung ändere nichts am politischen Ja zum Ausbau.

Die Kommission kam nach Auswertung mehrerer Gutachten zu dem Schluss, dass ein Flugzeugabsturz auf die Chemieanlagen "nicht vernünftigerweise ausgeschlossen werden" könne, wie es die Störfallverordnung verlangen würde. Die erwartete Störfallhäufigkeit von einem Absturz in 25.000 Jahren und der damit verbundene Schadensumfang würden nach Einschätzung der Kommission zu einem nicht akzeptablen Risiko führen. Es wäre mit der völligen Zerstörung des Werks zu rechnen. Allein auf dem Werksgelände wäre durch den ausgelösten Brand mit deutlich über 100 Toten zu rechnen. Ein Umbau des Chemiewerkes, wie etwa die Verbunkerung von Gefahren-Stoffen oder die Verkürzung von Schornsteinen würde nichts an der Risiko-Einschätzung ändern, sagte der Vorsitzende der Kommission, Prof. Jochum.

Darüber hinaus forderte die Störfall-Kommission die Bundesregierung auf, künftig bei der Planung von An- und Abflugrouten für Flughäfen nicht nur die Lärmbelästigung, sondern auch die Gefahr von Störfällen einzubeziehen. Im Fall Ticona, das auch jetzt schon von in Frankfurt startenden und landenden Maschinen überflogen werde, müsse diese Abwägung unabhängig vom Flughafenausbau nachgeholt werden

Jochum und Mitglieder der Kommission zeigten sich verärgert über den Versuch der Fraport, politischen Druck auf die Kommission auszuüben. Die Entscheidung der Kommission sei dadurch aber nicht beeinflusst worden. Der Fraport-Vorstand hatte in einem Brief an Mitglieder der Kommission und zahlreiche politische Entscheidungsträger die Empfehlung der Arbeitsgruppe Flughafen als "wissenschaftlich und rechtlich nicht haltbar" bezeichnet und die Empfänger dazu aufgefordert, "ihren Einfluss geltend zu machen, dass das Votum der Arbeitsgruppe nicht von der Kommission übernommen würde".

In einer ersten Reaktion auf die Entscheidung erklärte Flughafenbetreiber Fraport, "gravierende Mängel im Votum der Störfall-Kommission" blieben bestehen. Pressesprecher Busch sagte, man werde die Entscheidung der Kommission gutachterlich überprüfen lassen. Fraport sei nach wie vor davon überzeugt, dass ein Nebeneinander von Flughafen und Chemiewerk möglich sei. Am Zeitplan für den Ausbau werde man festhalten, mit Auswirkungen auf das laufende Planfeststellungsverfahren rechne man nicht.

Ministerpräsident Koch bekräftigte erneut, er wolle trotz des Votums weiter an der Nordwest-Variante festhalten. Er habe sich bewusst für die Variante ausgesprochen, daran ändere sich durch die Risikobewertung der Ticona nichts. "Sollte bei der Realisierung das Ticona-Problem nicht durch geeignete Umbaumaßnahmen zu lösen sein, dann steht im Planfeststellungsverfahren selbstverständlich weiterhin die Schließung des Werkes als letzte Möglichkeit zur Verfügung", sagte Koch.

Das Bundesumweltministerium äußerte sich nicht zum Votum der Kommission. Die Empfehlung werde an die für die abschließende Entscheidung zuständige hessische Landesregierung sowie an die Europäische Kommission, die das Projekt derzeit ebenfalls prüft, weitergeleitet, erklärte das Ministerium.

Celanese-Vorstand Pohlmann begrüßte die Entscheidung der Kommission. Kelsterbach sei der wichtigste europäische Ticona-Standort und unverzichtbar für die Zukunftsfähigkeit des Geschäfts.


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