FFR beschließt aktive Schallschutzmaßnahmen am Frankfurter Flughafen
Von: @cf <2010-07-04>
Im "Forum Flughafen und Region" wurde ein 7-Punkte-Programm mit Maßnahmen zum aktiven Schallschutz am Frankfurter Flughafen vorgestellt, das die Region vom Fluglärm entlasten soll. Infos und Meinungen hier!

Das "Forum Flughafen und Region (FFR) hat heute im Beisein von Ministerpräsident Koch ein Maßnahmenpaket zum "Aktiven Schallschutz" am Frankfurter Flughafen vorgestellt. Damit soll die Region noch vor der Inbetriebnahme der neuen Landebahn vom Fluglärm entlastet werden.

Das angekündigte Paket umfasst sieben Einzelmaßnahmen: steilere Abflüge, steilerer Gleitwinkel beim Landeanflug, Erhöhung des Anteils der CDA-Anflüge, mehr West-Betrieb, gekrümmter Landeanflug zur Umfliegung der großen Städte beim Landeanflug, Änderungen in der Bahn- und Flugroutennutzung sowie Umrüstung der Triebwerke der B-737 der Lufthansa, damit diese leiser werden (Details weiter unten).

Das jetzt beschlossene Maßnahmenbündel ist eine Weiterführung des "Anti-Lärmpakts" des RDF, dessen offizielle Unterzeichnung in 2007 am Widerstand der meisten betroffenen Kommunen gescheitert war. Die Ideen wurden nach Auflösung des RDF vom FFR im "Expertengremium Aktiver Schallschutz" weiter verfolgt, in dem DFS, Fraport, Fluggesellschaften (BARIG, Lufthansa), Piloten, Fluglärmkommission, Fluglärmschutzbeauftragter, HLUG, DLR, Hessische Staatskanzlei, das HMWVL sowie 2 Kommunalvertreter (Kelsterbach, Frankfurt) mitarbeiten (-> Mitgliederliste ). Bis zur Verkündung im Konvent des FFR wurden die Ergebnisse erfolgreich geheim gehalten, von Umverteilung positiv wie negativ Betroffene waren gleichermaßen überrascht. Mit der Realisierung der beschlossenen Vorschläge soll praktisch sofort begonnen werden. In der Fluglärmkommission wurden die Maßnahmen angeblich bereits beraten.

Seit kurzer Zeit hat das FFR auch endlich eine eigene Internet-Seite http://www.forum-flughafen-region.de. Die Seiten des ehemaligen RDF wurden abgeschaltet, die Inhalte von dort werden zur Zeit übernommen.

Das sagen die Macher ...

Das Leitungsgremium des FFR und andere maßgeblich für das Paket Verantwortliche sparten nicht mit Lob für ihre Arbeit. Der DLR-Chef und ehemalige RDF-Vorsitzende Prof. Wörner, jetzt Vorstand im FFR, nannte den Expertenkreis eine "bundesweit einmalige Sammlung von Fachverstand und Kompetenz unterschiedlichster Disziplinen", die praxistaugliche Maßnahmen bis in Detail geplant habe. "Die Luftverkehrswirtschaft hat Wort gehalten - wir haben uns in der gemeinsamen Erklärung mit der Landesregierung dazu verpflichtet, aktiv und konstruktiv am aktiven Schallschutz in Frankfurt mitzuwirken", sagte der Fraport-Vorstandsvorsitzende Schulte. Landrat Quilling (Kreis Offenbach) lobte die "bisherige überaus konstruktive Zusammenarbeit im Arbeitskreis trotz teilweise unterschiedlicher Grundpositionen". Er sei optimistisch, dass noch mehr für die Bürger in der Region erreicht werden könne. Der Raunheimer Bürgermeister Jühe, der auch Vorsitzender der Fluglärmkommission ist und als maßgeblicher Initiator der Pläne betrachtet werden kann, bezeichnete das Arbeitsergebnis der Expertengruppe als "revolutionär". Der Kelsterbacher Bürgermeister Ockel, Mit-Vorsitzender des Expertenkreises, sagte, mit dem Paket habe man "eine internationale Vorreiterrolle im Interessenausgleich zwischen Flughafen und Umland eingenommen".

Großes Lob kam auch von Ministerpräsident Koch, der eigens zur Verkündung der Maßnahmen gekommen war. Der Maßnahmenkatalog, auf den sich die Vertreter des Expertengremiums Aktiver Schallschutz verständigt hätten, sei "die Einlösung eines Versprechens von Regierung und Luftfahrtindustrie, mit der Verbesserung von Lärmschutz Ernst zu machen", unabhängig von juristischer Auseinandersetzung und Nachtflugverbot. Sowohl flughafenkritische Anwohnerkommunen und die Luftfahrtindustrie hätten erkannt, dass der "fundamentale Kampf bis zum Ende" von den Menschen nicht nachvollzogen werden könne, wenn im Tagesbetrieb Erleichterungen möglich seien.

In einem sehr aufschlussreichen Interview mit der Frankurter Rundschau äußert sich Fraport-Chef Schulte genauer zu den geplanten Maßnahmen. Unter anderem lobt er das FFR mit den passend zur Fußball-WM gewählten Worten: "Wir sehen derzeit im Forum Flughafen Region eine hervorragende Mannschaftsleistung, gerade auch im Unterschied zum Regionalen Dialogforum. Hier sieht man deutlich, dass die Landesregierung und insbesondere Ministerpräsident Roland Koch das Forum konzeptionell und strukturell richtig angelegt haben."

Reaktionen in der Region

Wegen Fußball-WM, Wahl des Bundespräsidenten, Hitzewelle und Ferienzeit hielt sich das Echo auf die Ankündigungen bisher in überschaubaren Grenzen (noch eintreffende Reaktionen werden nachgetragen). Die Reaktionen der Politik waren - je nach Standpunkt zum Flughafenausbau - begeistert bis skeptisch. Die wenigen Kommunen, die sich bislang überhaupt äußerten, waren eher skeptisch, bis auf Hanau. Kommunen, denen durch geänderte Flugrouten eine neue oder größere Belastung droht, haben das Problem offenbar erst teilweise bemerkt. Die Presse äußerte sich überwiegend positiv, teils sogar begeistert. Nur einzelne Kommentatoren wiesen kritisch darauf hin, dass viele Maßnahmen nur in der Zeit angewendet werden sollen, wo eigentlich ein Nachtflugverbot gelten sollte.

Ausbau-Kritiker äußerten den Verdacht, die Landesregierung habe die geplanten Maßnahmen forciert, um den Bürgern ein Trostpflaster für das nicht kommende Nachtflugverbot anzubieten und beim Bundesverwaltungsgericht den Eindruck zu erwecken, Nachtflüge könnten wegen der Schutzmaßnahmen ruhig zugelassen werden. Nur die BVF, die mit der komplexen Materie vertraut ist, gab bisher eine fachliche Stellungnahme zu den Vorschlägen ab. Es wird einige Zeit brauchen, sich durch die Detailpapiere zu arbeiten.

Politiker im Landtag ...

Die Landtagsfraktionen äußerten sich je nach Standpunkt zum Flughafenausbau zu den Maßnahmen. Im Zentrum der Kritik stehen Zweifel an der Umsetzung und die Ansicht, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen ein Nachtflugverbot nicht ersetzen können.

Die FDP begrüßte das vorgestellte Maßnahmenpaket. Das Paket "bündele die richtigen Mittel, um der Lärmproblematik am Frankfurter Flughafen wirkungsvoll im Sinne der Anwohner entgegenzusteuern", sagte der verkehrspolitische Sprecher Müller. Man werde die Entwicklungen im Bereich des aktiven Schallschutzes weiter konstruktiv begleiten.

Die SPD erklärte, an Kochs Wortbruch beim Nachtflugverbot ändere sich auch durch zusätzlichen Lärmschutz nichts. "Wir begrüßen alle Maßnahmen zur Verminderung der Lärmbelastung in der Rhein-Main-Region. Alle diese Maßnahmen können jedoch ein Nachtflugverbot nicht ersetzen," sagte der wirtschaftspolitische Sprecher Frankenberger. Die SPD wolle Nachtflugverbot plus Lärmschutz, nicht Lärmschutz statt Nachtflugverbot.

Der flughafenpolitische Sprecher der Grünen im hessischen Landtag Kaufmann meint, das Maßnahmenpaket habe sicherlich positive Aspekte der Lärmminderung, allerdings erst dann, wenn es auch wirklich umgesetzt sei. Der wirksamste Schutz vor nächtlichem Fluglärm wäre jedoch die Durchsetzung des Nachtflugverbots, das zwar vielfach versprochen war, aber jetzt von der Landesregierung vor Gericht bekämpft werde. Kaufmann äußerte den Eindruck, dass "luftverkehrsfreundliche Maßnahmen der Schallreduktion jetzt nur mal wieder präsentiert werden, um der lärmgeplagten Bevölkerung eine Beruhigungspille anzubieten". Die Frankfurter Grünen äußerten sich dagegen positiv; Frankfurt hat im Expertenausschuss mitgearbeitet.

Die Linke kritisierte, durch das Anti-Fluglärmpaket solle der Lärm umverteilt werden. Die Gesamtzahl der durch Fluglärm hoch belasteten Menschen gehe vorerst etwas zurück, andere würden dafür aber von erheblich mehr Fluglärm betroffen sein. Die Belastung würde durch den Ausbau insgesamt stark ansteigen. Der parlamentarische Geschäftsführer Schaus kommentierte: "Dass sich die Vertreter der Hessische Landesregierung nun für das beschlossene Anti-Fluglärmpaket selbst auf die Schultern klopfen, ist ein schlechter Witz. Schließlich ist es die schwarz-gelbe Landesregierung, die gegen eine der besten Lärmminderungsmaßnahmen – das Nachtflugverbot – vor Gericht zieht und auch Schwarz-Gelb im Bund will den Fluglärmschutz aushöhlen."

Eher Skepsis bei den Kommunen

Die Kommunen um den Flughafen äußerten sich eher skeptisch zu dem Paket. Sie befürchten, dass das Nachtflugverbot damit ausgehebelt werden soll. Der Flörsheimer Bürgermeister Antenbrink meinte, jede Entlastung der Anwohner sei zu begrüßen. Die (vorwiegend für die Nacht) gedachten Maßnahmen seien aber schlechter als ein prinzipielles Nachtflugverbot. Antenbrink vermutete, dass die Präsentation des Paketes zum jetzigen Zeitpunkt mit der bevorstehenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über das Nachtflugverbot zusammenhinge. Zudem würde das durch den Ausbau besonders stark betroffene Flörsheim durch die Vorschläge kaum entlastet.

Auch die Offenbacher äußerten sich nicht begeistert, obwohl sie von der Umverteilung des Lärms profitieren sollen. Unterm Strich bringe das Paket keine Lärmminderung für Offenbach, sagte Flughafendezernent Weiß. Er hoffe aber, dass das Bundesverwaltungsgericht lärmmindernde Maßnahmen anordnen würde, nachdem jetzt geklärt sei, dass sie technisch machbar seien.

Der Hanauer Oberbürgermeister Kaminsky, den die Nachricht von der geplanten Entlastung Hanaus von nächtlichen Landungen im Urlaub überraschte, freute sich dagegen: "Wir haben seit Jahr und Tag um eine Entlastung beim Fluglärm gerungen – jetzt dürfen wir, dürfen unsere Bürgerinnen und Bürger die Früchte dieses Kampfes ernten, indem sie die neugewonnene Ruhe genießen". (Pressemiteilung Hanau )

Kommunen, die durch Verlegung von Flugrouten mehr Krach abbekommen würden, wachen erst langsam auf. In Obertshausen wurde der Magistrat beauftragt, die drohende Mehrbelastung der Stadt möglichst zu verhindern. Der Heusenstammer Bürgermeister Jakoby sprach vom "Prinzip David gegen Goliath": Man verschiebe den Lärm dahin, wo weniger wohnen. Obwohl Jakoby das Maßnahmenpaket in diesem Punkt für ungerecht hält, begrüßt er das Paket als ganzes. Ein Nachtflugverbot sei aber weiterhin erforderlich.

Verbände und Initiativen

Der BUND äußerte sich skeptisch zu den von Ministerpräsident Roland Koch versprochenen Maßnahmen zum "Aktiven Schallschutz". Für den BUND zählten nur Taten. Über einige der vorgestellten Maßnahmen werde schon seit 10 Jahren diskutiert. Der BUND forderte die Landesregierung auf, das versprochene Nachtflugverbot von 23-5 Uhr endlich einzuführen. Das Bündnis der Bürgerinitiativen zweifelte ebenfalls daran, dass das Paket umgesetzt würde. BBI-Sprecher Hahn forderte eine länderübergreifende Ordnung der Flugrouten.

Die bislang einzige Stellungnahme auf der fachlichen Ebene gab die Bundesvereinigung gegen Fluglärm ab. Die BVF begrüßt zwar im Prinzip alle Maßnahmen, die zur einer Verringerung der Lärmimmissionen führen, hält das Maßnahmenpaket aber insgesamt für ungenügend. Auch die Bewertung der umverteilenden Maßnahmen wird kritisch gesehen. Der Lärmindex stelle den Rückgang der tatsächlichen Belastung zu optimistisch dar, weil viele Betroffene darin gar nicht berücksichtigt würden. Mit den Vorschlägen, die für die Nachtzeit von 23-5 Uhr gedacht seien, solle offenbar das Problem der Lärmbelastung in der Kernnacht relativiert werden, um die Zahl nächtlicher Flüge ausweiten zu können. Ein Nachtflugverbot sei unverzichtbar.

Die Maßnahmen zum aktiven Schallschutz im Detail

Primäres Ziel des Maßnahmenpaketes "Aktiver Schallschutz" ist es, für die Region die Zahl der durch Fluglärm hoch belästigten Menschen zu verkleinern. Nur ein Teil der Maßnahmen ist dabei echter "aktiver Schallschutz" im Sinne des Wortes, dass tatsächlich vom Flugzeug weniger Lärm erzeugt wird oder weniger Lärm am Boden ankommt. Der andere Teil beruht auf Umverteilung des Lärms durch neue Flugrouten oder geänderte Nutzung bestehender Routen. In der Einzelbeschreibung wird auf diese Wirkung hingewiesen.

Als Meßkriterium gilt dabei der im RDF definierte "Frankfurter Lärmindex". Der Lärmindex wird im Prinzip berechnet, in dem man den Dauerschallpegel an einem Ort berechnet und dazu aus den Ergebnissen der RDF-Belästigungsstudie den Anteil von Menschen bestimmt, der sich bei diesem Dauerschallpegel hoch belästigt fühlt. Der Wert wird dann mit der Einwohnerzahl des betrachteten Gebietes multipliziert. Für die Nacht gibt es einen separaten Index. Dieser gibt die Zahl der zusätzlichen Aufwachreaktionen pro Nacht an, mit denen nach der DLR-studie zu rechnen ist. Problem: Der Index umfasst nur Gebiete mit einem Dauerschallpegel von mehr als 55 dB(A), alle anderen werden nicht berücksichtigt. Die Kappungsgrenze lädt dazu ein, den Lärmindex durch geschickte Umverteilung des Lärms zu verkleinern, ohne dass der Lärm wirklich geringer wird ( -> Details ).

Die 7 Maßnahmen im einzelnen:

  1. Vertikale Optimierung von Abflugverfahren

    Bei Abflügen sollen die Flugzeuge bis zu einer Entfernung von 6 Meilen (ca. 11 km) vom Flughafen langsamer fliegen (Geschwindigkeitsbegrenzung auf 220 Knoten), dafür aber schneller steigen. Bewohnte Gebiete können dadurch höher überflogen werden. Durch die geringere Geschwindigkeit sollen auch die Soll-Flugrouten besser eingehalten werden können. Nach den Angaben des FFR wird der vertikal optimierte Abflug mit Geschwindigkeitsbeschränkung seit 2008 bereits auf einigen Abflugrouten eingesetzt. Weitere Routen sollen ab Ende des Jahres probeweise umgestellt und die Entwicklung der Lärmbelastung beobachtet werden.

    Unter den bisher schon optimierten Routen wurde von den Betroffenen bisher keine große Entlastung berichtet. Gerade die schweren Flugzeuge, die schlecht steigen und großen Lärm verursachen, erreichen die Höchstgeschwindigkeit innerhalb der 6 Meilen gar nicht und werden daher von der Maßnahme auch nicht beeinflusst. Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm hält das Steilstartverfahren, wie es an vielen internationalen Flughäfen eingesetzt wird, für effektiver. Versuche, es in Frankfurt zu testen, sind bislang am Widerstand der Fluggesellschaften gescheitert.

    Wenn die Flugzeuge schneller an Höhe gewinnen, wird der Lärm unter der Flugroute gemindert, was für die Betroffenen prinzipiell positiv ist. Dafür dauert der Überflug wegen der geringeren Geschwindigkeit etwas länger und der Lärmkorridor wird etwas breiter. Die genauere Einhaltung der Flugrouten (wenn sie denn funktioniert) würde sicher an einigen Stellen Entlastung bringen, wo die Routen "haarscharf an der Stadtgrenze" entlang geplant sind. Die Gesamtwirkung der Maßnahme auf den "Lärmindex" ist eher gering.

  2. Leisere Triebwerke bei Lufthansa

    Die Lufthansa will die Triebwerke der B737-Flotte mit speziellen Schalldämpfern ausrüsten. Dadurch soll die Lärmbelastung bei An- und Abflügen laut Lufthansa zwischen 0,5 und bis zu 2,4 dB(A) sinken. Dies würde den Löwenanteil bei der Senkung der Fluglärmbelastung am Tag durch das Maßnahmenpaket ausmachen. Die Umrüstung soll bis zur Inbetriebnahme der neuen Landebahn abgeschlossen sein. Auch sonst will die Lufthansa stufenweise die Flotte modernisieren.

    Leisere Triebwerke sind für alle Betroffenen uneingeschränkt positiv. Auch die Fluggesellschaften können bei nach Lärm gestaffelten Flughafengebühren profitieren.

  3. Weniger Ostbetrieb

    Bei Landungen auf dem Parallelbahnsystem soll die zulässige "Rückenwindkomponente" von derzeit 5 Knoten zunächst voll ausgereizt und in der Zukunft eventuell auf 7 Knoten erhöht werden. Überschreitet die Windgeschwindigkeit des Rückenwindes den zulässigen Wert, wird die Betriebsrichtung gedreht, Starts und Landungen erfolgen dann in die Gegenrichtung. Ziel der Maßnahme ist es, die Zeiten mit Ostbetrieb (Betriebsrichtung 07) - also Starts vom Parallelbahnsystem in Richtung Osten und Landungen aus Richtung Wesen - zu vermindern. Dadurch können Raunheim und andere Städte westlich des Flughafens, die bei Landungen im Ostbetrieb sehr niedrig überflogen werden, entlastet werden.

    Landungen mit einer erhöhten Rückenwindkomponente führen zu einer (wenn auch geringen) Erhöhung von Risiken. Piloten mögen diese Maßnahme daher nicht. 7 Knoten wären zur Zeit nicht ICAO-konform und brauchen eine besondere Genehmigung.

    Die Maßnahme bewirkt eine Umverteilung des Fluglärms. Die bei Betriebsrichtung Ost Betroffenen werden an einigen Tagen vom Fluglärm befreit, dafür bekommen die bei Betriebsrichtung West Betroffenen entsprechend mehr Lärm. Der erwartete Effekt lässt sich wegen der Abhängigkeit vom Wetter nicht genau voraussagen. Bei einer Erhöhung der Rückenwindkomponente auf 7 Knoten werden ca. 6 betroffene Tage im Jahr geschätzt. Das sind bei ca.30% Ostbetrieb, wie sie dieses Jahr durchaus realisch erscheinen, 5 Prozent.

  4. Gekrümmter Landeanflug (Segmented RNAV Approach)

    Bisher derzeit drehen die Flugzeuge beim Landeanflug schon relativ weit entfernt vom Flughafen (z.B. hinter Offenbach bei Anflug aus Richtung Osten) auf die gerade Endanflug-Linie ein. Beim gekrümmten Landeanflug erfolgt ein Teil des Landeanflugs in einer (aus mehreren geraden Teilstücken bestehenden) Kurve, das letzte Stück in gerader Verlängerung der Landebahn kann deutlich kürzer sein. Dadurch können bewohnte Gebiete bei der Landung "umflogen" werden.

    Vorgesehen ist in den FFR-Plänen jeweils eine südliche Umfliegung der Städte Offenbach und Hanau bei Westbetrieb ( -> Karte) und Mainz bei Ostbetrieb ( -> Karte ). Das letzte gerade Stück vom Endanflug wäre dann nur noch etwa 9 km lang.

    Der gekrümmte Anflug vermindert die Kapazität und soll daher zunächst nur in den betriebsarmen Zeiten (23-5 Uhr) getestet werden, später ist an Ausweitung gedacht. Es gibt mehrere Varianten, die teilweise nicht ICAO-konform sind und/oder einer Genehmigung durch die Luftfahrtbehörde bedürfen. Derzeit haben noch nicht alle Flugzeuge die erforderliche technische Ausstattung für das neue Verfahren, so dass die Pläne für den Anfang etwa von der Hälfte aller nächtlichen Anflüge ausgehen.

    Da es im Rhein-Main-Gebiet keine unbewohnten Gebiete gibt, die der Umfliegung großer Städte dienen könnten, ist der gekrümmte Anflug ein Verfahren, das den Fluglärm deutlich umverteilt - die Belastung wird von einer Stelle an eine andere verlagert. Gewinner der gegenwärtigen Planungen sind primär die großen Städte Offenbach, Hanau und Mainz, Verlierer Obertshausen und Heusenstamm im Osten des Flughafens und Rüsselsheim im Westen, wo neue oder deutlich stärkere Belastung auftreten würde. Neu-Isenburg und Raunheim liegen zu dicht am Flughafen und werden nicht entlastet. Die Lärmbelastung in den neu überflogenen Gebieten dürfte der Belastung in den ursprünglich überflogenen Gebieten um nichts nachstehen, da das Segment vor dem endgültigen Endanflug im Horizontalflug in relativ geringer Höhe geflogen werden soll.

  5. "DROps", Dedicated Runway Operations

    Der sperrige Begriff mit der netten Abkürzung bedeutet, dass Abflüge zu bestimmten Zeiten auf bestimmte Startbahnen und bestimmte Flugrouten konzentriert werden. Durch die wechselweise Benutzung bestimmter Bahn/Routen-Kombinationen sollen Lärmpausen für die Betroffenen geschaffen werden - auf einen einfachen Nenner gebracht: man wird eine Nacht geweckt, die nächste hat man Ruhe.

    Konkret sind folgende Varianten geplant: bei Ostbetrieb sollen alle Starts von der Startbahn West erfolgen. Flüge, die bisher nach dem Start vom Parallelbahnsystem nach Norden weiterfliegen, werden auf einer neuen Flugroute nach Norden gesführt, die zwischen Dreieich und Dietzenbach hindurchführt (siehe Karte Ostbetrieb ). Bei West-Betrieb sollen dagegen alle Starts vom Parallelbahnsystem erfolgen( Karte Westbetrieb). An Ideen für die Entlastung von Büttelborn wird noch gearbeitet.

    Das Verfahren schränkt die Kapazität ein (da bestimmte Bahnen und Routen zeitweise nicht genutzt werden) und soll daher nur in den betriebsarmen Zeiten (zunächst 23-5 Uhr) benutzt werden.

    "DROps" hat umverteilende Wirkung, je nach konkreter Ausführung und Ort mehr oder weniger stark. Bei den geplanten Maßnahmen soll nach der Aussage des FFR die beste rechnerische Gesamtwirkung (Minimierung vom "Lärmindex") entstehen, wenn man DROps in tageweisem Wechsel mit dem bisherigen Betriebskonzept anwendet. Wer es näher verstehen will, muss sich durch das Hintergrundpapier arbeiten.

  6. Optimierung der Frankfurter Variante des CDA (Continuous Descent Approach)

    Beim CDA-Verfahren nähern sich die Flugzeuge der Landebahn im "kontinuerlichen Sinkflug", d.h. Triebwerke im Leerlauf oder mit sehr wenig Schub und ohne die sonst üblichen horizontalen Streckenanteile. Der Sinkflug erzeugt deutlich weniger Lärm als ein normaler Anflug und spart auch Treibstoff. Das CDA-Verfahren kostet allerdings Kapazität, weil der Gleitweg wegen unterschiedlicher Randbedingungen nicht so genau kalkulierbar ist wie ein normaler Anflug und die Flugzeuge deshalb nicht so "dicht gepackt" werden können. Zur Zeit wird ein CDA-Verfahren bereits für Landungen in der Nacht angewendet. Durch verschiedene Maßnahmen soll versucht werden, den Anteil an CDA-Anflügen zu vergrößern und den Zeitraum Zeiten mit mehr Flugbetrieb auszuweiten.

    Der CDA-Betrieb ist eine sehr wirkungsvolle Lärmschutzmaßnahme, von dem praktisch alle Betroffenen profitieren, auch weiter entfernt vom Flughafen. Deshalb gehört das CDA-Verfahren schon lange zu den Kernforderungen beim aktivem Lärmschutz. An anderen Flughäfen wird das Verfahren schon häufiger angewandt.

  7. Erhöhung des Anfluggleitwinkels auf 3,2 Grad

    Der Winkel beim Landeanflug soll von 3 Grad auf 3,2 Grad erhöht werden. Durch den steileren Winkel werden die Bereiche unter der Endanflug-Route höher überflogen, dadurch wird der Lärm etwas gemindert. Laut Fraport ist dieses Verfahren technisch nur auf der neuen Landebahn möglich, weil man den erhöhten Anflugwinkel nicht unter allen Wetterbedingungen nutzen kann und daher ein zweites Instrumenten-Landesystem (ILS) braucht, das auf 3,2 Grad eingestellt ist. Es ist auch eine Genehmigung durch das Verkehrsministerium erforderlich. Eine Erhöhung des Gleitwinkels auf 3,5 Grad (das ist wohl das Maximum, dass die ICAO aus Lärmschutzgründen erlaubt) wird schon länger von den Betroffenen gefordert. An einigen Flughäfen wird wegen Hindernissen sogar noch steiler gelandet.

    Vom steileren Anflugwinkel profitieren alle Betroffenen in der Einflugschneise. Der Effekt zwischen 3 Grad und 3,2 Grad ist allerdings absolut nicht so groß - in Flörsheim wären es gerade noch 20 Meter (im Detailpapier ist eine Grafik).

Themen hierzuAssciated topics:

Lärmschutz Fluglärm Nachtflugverbot Forum Flughafen und Region (FFR) Rückenwind beim Landeanflug Segmented Approach

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