Am 28.6 stellte das Forum Flughafen und Region Maßnahmen zum aktiven Schallschutz vor. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um eine Geschwindigkeitsbegrenzung beim Abflug im Nahbereich, Verbesserungen der Triebwerke der (alten) B737 der Lufthansa, eine stärkere Nutzung der Westbetriebsrichtung, ein um 0,2° steilerer Anflug auf die Nordwestbahn bei guten Wetterbedingungen, Anflüge, bei denen erst ca. 9 km vor der Landung in den Endanflug eingedreht wird, an jedem 2. Tag für Starts bevorzugte Nutzung der Parallelbahnen bei Westwetterlage bzw. der Startbahn West bei Ostwetterlage sowie eine Optimierung des CDA. Dabei sollen die drei letztgenannten Maßnahmen nur in der Kernnacht (zwischen 23 und 5 Uhr) angewandt werden. Am 1.7. wurden die Vorschläge auch in der Fluglärmschutzkommission behandelt.
Grundsätzlich begrüßt die Bundesvereinigung gegen Fluglärm jede Maßnahme, die zur Verringerung der Lärmimmission beiträgt. Wie ihr Vizepräsident und Vertreter in der Fluglärmschutzkommission Frankfurt, Berthold Fuld, erklärte, bleiben allerdings die jetzt vorgestellten Maßnahmen weit hinter der gesetzlichen Vorgabe zurück, wonach Flugplatzunternehmer, Luftfahrzeughalter und Luftfahrzeugführer verpflichtet sind, beim Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft und am Boden vermeidbare Geräusche zu verhindern und die Ausbreitung unvermeidbarer Geräusche auf ein Mindestmaß zu beschränken. Dabei ist auch zu würdigen, dass man seit vielen Jahren eine Zunahme der Empfindlichkeit gegenüber Fluglärm beobachtet und man von einer Fortsetzung dieses Trends ausgehen muss.
Die meisten der jetzt vorgestellten Maßnahmen zur Lärmminderung sind bereits seit vielen Jahren in der Öffentlichkeit bekannt, es hat aber nie den ernsthaften Versuch gegeben, sie zu realisieren. Anscheinend war dies politisch nicht gewollt. Viele weitere erfolgversprechende Maßnahmen wurden von der Arbeitsgruppe nicht behandelt, ohne dass Gründe hierfür bekannt gegeben wurden.
So ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 220 kn bis zum Erreichen einer Entfernung von 6 nm vom Flughafen auf vielen Flugrouten von nur geringer Wirkung, da die den Lärm bestimmenden schweren Langstreckenmaschinen auch ohnehin meist erst in größerer Entfernung diese Geschwindigkeit erreichen. Effektiver wäre das international gebräuchliche Steilstartverfahren, bei dem erst in 3000 ft (statt wie in Deutschland üblich in 1500 ft) Höhe eine Beschleunigungsphase beginnt.
Maßnahmen wie vorzugsweise Nutzung bestimmter Bahnen, Anhebung der Rückenwindkomponente oder der segmentierte Anflug in der Kernnacht bewirken eine Lärmverteilung. Aufgrund des vom FFR gewählten Bewertungsansatzes mit Indices mit hoch gewählten Abbruchkriterien, unterhalb derer die Betroffenheit überhaupt nicht mehr in die Indexberechnung eingeht, fallen viele Betroffene völlig aus der Bewertung heraus, obwohl ihre Belastung sowohl durch die Umverteilung wie auch durch die lärmreduzierenden Maßnahmen nur marginal reduziert wird. Gleichzeitig werden bei vielen neu erheblich Betroffenen die Schwellen sowohl für die Berücksichtigung im Index wie auch für einen Anspruch auf passiven Schallschutz nicht überschritten. Der Index überzeichnet daher erheblich den Rückgang der Betroffenheit, auch wenn man konstatieren muss, dass die Betroffenheit aufgrund der geringeren Bevölkerungsdichte der neu betroffenen Gebiete insgesamt tatsächlich etwas zurückgeht.
Die vorzugsweise Nutzung bestimmter Bahnen, der segmentierte Anflug und der kontinuierliche Sinkflug sollen jedoch nur in der Kennacht (zwischen 23 und 5 Uhr) angewandt werden. Es werden damit Bürger neu Fluglärm zu einer Tageszeit ausgesetzt werden, zu der sie keineswegs mit Fluglärm haben rechnen müssen. Die Grenzwerte nach Fluglärmschutzgesetz, das eine geringe Zahl nahezu beliebig lauter Ereignisse zulässt, werden dabei nicht überschritten, passiver Schutz ist für diese Bürger daher nicht vorgesehen.
Offenbar soll mit diesen Vorschlägen das Problem der Lärmbelastung speziell in der Kernnacht relativiert und damit ein Boden für die auch künftige Zulassung von Flügen zu dieser Zeit geschaffen werden. Die unterm Strich unzureichenden Reduzierungen der Betroffenheit, die verbunden sind mit ungenügendem passiven Schutz, zeigen jedoch auf, dass es überhaupt nicht möglich ist, Bürger hinreichend vor Fluglärmbelastungen in der Nacht zu schützen. Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm wird daher weiterhin engagiert für Nachtflugverbote und die Minimierung des Fluglärms eintreten.
Alle Maßnahmen des Aktiven Schallschutzes wurden im Forum Flughafen und Region ohne Beteiligung von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen erarbeitet, die kommunalen Vertreter wurden nicht von den Kommunen bestimmt, sondern von der Staatskanzlei ausgewählt. Die Expertengruppe will unter sich bleiben und kritische Stimmen nicht zu Wort kommen lassen.
Die BVF weist darauf hin, dass sich erst noch in der Praxis erweisen muss, ob die Maßnahmen des Aktiven Schallschutzes geeignet sind, zu einer Fluglärmreduzierung und Entlastung zu kommen.
Rückenwind beim Landeanflug Segmented Approach