Die hessische Landesregierung hat endlich eine neue Lärmschutzverordnung vorgelegt, die nach dem Ausbau des Frankfurter Flughafens die Ansprüche der vom Fluglärm betroffenen Anwohner auf passiven Schallschutz regelt. Am 17.06.2011 hat das Kabinett auf seiner traditionellen Sitzung auf dem Hessentag - diesmal in Oberursel - den Entwurf beschlossen. Die neue Landebahn soll im Oktober in Betrieb gehen. Die Landesregierung hofft, dass die Verordnung bis dahin rechtsgültig werden kann.
Entgegen den bisherigen Befürchtungen legt die Verordnung bei der Festsetzung der Lärmschutzbereiche die niedrigeren Grenzwerte zugrunde, die nach dem Fluglärmgesetz ab dem 1.1.2011 gelten. Das sind bei der besonders wichtigen Nachtschutzzone ein Dauerschallpegel von 50 dB(A) bzw. 6 Einzelschallereignisse von mindestens 68 dB(A)(außen) pro Nacht. Möglich gewesen wären auch die davor gültigen 53 dB(A), weil der Planfeststellungsbeschluss für den Flughafenausbau schon älter ist als der Stichtag. Ob das Datum des Planfeststellungsbeschlusses oder das Datum der Lärmschutzverordnung maßgebend ist, war bisher umstritten, die Landesregierung hat jetzt die für die Betroffenen günstigere Möglichkeit gewählt. Bei einem Wert von 50 dB(A) hätten etwa 120000 Menschen Anspruch auf Schallschutz, bei 53 dB(A) wären es nur 60000. Zum Nachtschutzbereich kommen noch kleine Gebiete hinzu, die nur in die Tagschutzzone 1 (mehr als 60 dB(A)) fallen. Wie die Lärmschutzzonen im einzelnen aussehen, kann man aus den Karten entnehmen, die heute auf der Internetseite des HMWVL veröffentlicht wurden.
Bevor zu große Freude über die besser als erwartet ausgefallene Regelung ausbricht, sind folgende Einschränkungen zu bedenken:
Die Verordnung ist bis jetzt nur ein Entwurf. Bevor sie endgültig verabschiedet werden kann, muss noch eine Anhörung stattfinden, bei der Städte und Gemeinden, aber auch Fraport Stellung nehmen können. Fraport hat bereits darauf hingewiesen, es sei "noch zu diskutieren", ob der strengere Nachtgrenzwert angenommen werden soll. Dies würde Fraport etwa 50 Mio. Euro mehr kosten (150 statt 100 Millionen). Zum Vergleich: Kosten des Ausbaus etwa 4 Milliarden Euro.
Die Ansprüche auf Schallschutz werden zum größten Teil erst nach 6 Jahren wirksam. Nur etwa 12000 besonders stark betroffene Anwohner könnten die Ansprüche sofort geltend machen. Die Regierung hofft hier allerdings auf ein freiwilliges Entgegenkommen von Fraport.
Bei der Berechnung der Lärmschutzbereiche nach dem aktuellen Fluglärmgesetz wird über West- und Ost-Betriebsrichtung gemittelt. Wer also nur bei Ost-Betrieb vom Fluglärm betroffen ist, geht mit Ausnahme der Höchstbetroffenen leer aus. (grobe Schätzung: 56 dB(A) nur Ostbetrieb entspricht 50 dB(A) gemittelt).
Tagschutzzone 2 bringt den Betroffenen nichts: hier ist zwar baulicher Schallschutz vorgeschrieben, muss aber vom Eigentümer selbst bezahlt werden.
Detailinformationen beim HMWVL
Auf der Internetseite des Ministeriums finden Sie den Text der Verordnung, 3 Übersichtskarten mit den Lärmschutzbereichen und einen Satz Detailkarten, wo die Bereiche bis auf die Parzelle genau dargestellt sind.
- HMWVL: Entwurf der Verordnung über die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Flughafen Frankfurt Main
- Pressemitteilung der Landesregierung
Hinweise:
Die Übersichtskarten sind gezippte PDF-Dateien und jeweils 50 MB groß, der ZIP-File mit den Detailkarten hat 203 MB - also erst downloaden und dann ansehen. Die Übersichtskarten sollte man sich dann mindestens auf "100%"-Vergrößerung ansehen, sonst sind Details schwer zu erkennen, besonders wenn die Schattierung der Bereiche die Karte verdeckt.
Details zu den Datengrundlagen der Berechnungen (DES, also Flugrouten, Flugroutenbelegung, Flugzahlen, Flugzeugtypen etc.) wurden nicht mit veröffentlicht. So weiss man nicht, ob es noch exakt die Daten aus dem Planfeststellungsverfahren sind.
Nennenswerte Reaktionen aus der Politik und von seiten der Betroffenen liegen bisher nicht vor. Wenn welche eintreffen, werden sie hier nachgetragen.
Fluglärmschutz Fluglärmgesetz Wirtschaftsministerium, hessisches
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