Gutachten zum Ticona-Risiko beim Landtag vorgestellt
Wirtschaftsminister Rhiel hält Risiko für vertretbar
<2004-01-16>
Parallel zum ersten Tag des A380-Erörterungstermin wurden am 15. Januar die von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten zum Absturz-Risiko auf das Chemiewerk Ticona im Verkehrsausschuss des Hessischen Landtags vorgestellt. In der vierstündigen Anhörung erläuterten die Gutachter ihre Analysen und Prognosen zur Verträglichkeit der geplanten Nordwestbahn mit dem Kelsterbacher Chemiewerk.
Vorgestellt wurden vier Gutachten: eine "Flugbetriebliche Untersuchung der Hindernisfreiheit des Ausbauvorhabens Landebahn Nord-West" und ein weiteres Gutachten als Qualitätssicherung dafür, die "Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Sicherheit und den Arbeitsschutz der Firmen Ticona und Infraserv durch die bauliche Erweiterung des Flughafens Frankfurt" vom Rheinisch-Westfälischen TÜV in Essen und ein Gutachten vom TÜV Pfalz, das als Qualitätssicherungsgutachten für die Arbeit des TÜV Essen beauftragt wurde. Das Gutachten des TÜV Pfalz wird inoffizell als "Obergutachten" eingeschätzt, da hier nicht nur das Gutachten des TÜV Essen bewertet, sondern auch das Risiko nach mehreren Methoden beurteilt wird.
Der TÜV Pfalz kam zu dem Ergebnis, dass höchstens ein Absturz auf die Ticona in 10000 Jahren wahrscheinlich sei. Der Rheinisch-Westfälische TÜV hatte in seinem Gutachten ursprünglich eine Wahrscheinlichkeit von einem Absturz in 500 Jahren errechnet. Nach Kritik an der verwendeten Methodik hat der Gutachter, Jürgen Farsbotter, das Risiko nun noch einmal "nachgerechnet" und kommt jetzt auf einen Wert zwischen 1:5000 und 1:10000. Farsbotter blieb aber bei seiner Auffassung, das Risiko sei gefährlich hoch: "Man schrammt haarscharf am Bereich des Tolerablen vorbei, wenn man Maßstäbe von Holland und der Schweiz anlegt."
Alle Gutachter rechnen weiterhin bei einem Absturz auf die Ticona mit einem Totalverlust des Werks. Ohne "massive bauliche Änderungen" im Werk wären auch Wohngebiete in der Umgebung gefährdet, meinte Helmut Spangenberger vom TÜV Pfalz. Farsbotter schlägt vor, die Behälter mit dem hochgiftigen Bortrifluorid, das bei der Ticona lagert und verarbeitet wird, und besonders sensible Produktionsanlagen "einzubunkern" (wie bei einem Atomkraftwerk). Außerdem müssten die Betriebsabläufe bei Ticona verändert werden. Technisch sei das machbar, aber es stelle sich die Frage, ob es noch verhältnismäßig sei.
Günther Schänzer vom Institut für Flugführung an der TU Braunschweig hat in seinem Gutachten untersucht, welche Auswirkungen das Chemiewerk auf den Flugbetrieb hat. Er kam zu dem Ergebnis, die Landebahn sei unter einigen Bedingungen flugbetrieblich sicher. Die Flugzeuge dürften die Bahn nur im Präzisionsanflug ansteuern. Bei der Ticona müssten Schornsteine gekürzt und ein Kraftwerk verlegt werden, eventuell müsste auch das (gerade erst bezogene) Verwaltungsgebäude verlegt werden. Der Qulitätssicherer für dieses Gutachten, Heinz Mellmann, unterstützte diese Auffassung. Auf die Frage, ob er bei schon bestehender Landebahn am Standort der Ticona eine Chemieanlage bauen würde, gab er allerdings eine klare Antwort: "Dann würde ich sie nicht bauen."
Die Präsentation der Gutachten war noch in vollem Gange, da gab Minister Rhiel schon in einer Pressekonferenz bekannt, er halte den Bau einer neuen Landebahn am Frankfurter Flughafen trotz Ticona für möglich. "Wir brauchen den Weg nicht zu korrigieren", sagte Rhiel. Und: "Mehrere Wissenschaftlerteams haben Wege aufgezeigt, wie durch bauliche Veränderungen im Unternehmen Ticona die Vereinbarkeit zwischen Landebahn und Ticona gewährleistet werden kann". Der CDU-Wirtschaftspolitiker Clemens Reif meinte, der Flughafenausbau sei "verantwortbar und wünschenswert, die Panikmache der Ausbaugegner widerlegt".
SPD-Fraktionschef Jürgen Walter forderte von der Landesregierung dagegen Vorschläge zur Minimierung des Ticona-Risikos, sonst drohe eine neue Varianten-Diskussion.
Der Grünen-Abgeordnete Frank Kaufmann hält ein Risko von 1:10000 dagegen nicht für tolerabel und forderte einen Stopp der Ausbau-Pläne. Kaufmann kritisierte den Wirtschaftsminister: Rhiel habe in seiner ersten Stellungnahme schon offenbart, dass er in Sicherheitsfragen "Rabatt geben" wolle. Damit verkenne er seine Aufgabe. Er sei für die Sicherheit der Bevölkerung zuständig und nicht für eine prompte Wunscherfüllung der Fraport AG.
Vorgestellt wurden vier Gutachten: eine "Flugbetriebliche Untersuchung der Hindernisfreiheit des Ausbauvorhabens Landebahn Nord-West" und ein weiteres Gutachten als Qualitätssicherung dafür, die "Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Sicherheit und den Arbeitsschutz der Firmen Ticona und Infraserv durch die bauliche Erweiterung des Flughafens Frankfurt" vom Rheinisch-Westfälischen TÜV in Essen und ein Gutachten vom TÜV Pfalz, das als Qualitätssicherungsgutachten für die Arbeit des TÜV Essen beauftragt wurde. Das Gutachten des TÜV Pfalz wird inoffizell als "Obergutachten" eingeschätzt, da hier nicht nur das Gutachten des TÜV Essen bewertet, sondern auch das Risiko nach mehreren Methoden beurteilt wird.
Der TÜV Pfalz kam zu dem Ergebnis, dass höchstens ein Absturz auf die Ticona in 10000 Jahren wahrscheinlich sei. Der Rheinisch-Westfälische TÜV hatte in seinem Gutachten ursprünglich eine Wahrscheinlichkeit von einem Absturz in 500 Jahren errechnet. Nach Kritik an der verwendeten Methodik hat der Gutachter, Jürgen Farsbotter, das Risiko nun noch einmal "nachgerechnet" und kommt jetzt auf einen Wert zwischen 1:5000 und 1:10000. Farsbotter blieb aber bei seiner Auffassung, das Risiko sei gefährlich hoch: "Man schrammt haarscharf am Bereich des Tolerablen vorbei, wenn man Maßstäbe von Holland und der Schweiz anlegt."
Alle Gutachter rechnen weiterhin bei einem Absturz auf die Ticona mit einem Totalverlust des Werks. Ohne "massive bauliche Änderungen" im Werk wären auch Wohngebiete in der Umgebung gefährdet, meinte Helmut Spangenberger vom TÜV Pfalz. Farsbotter schlägt vor, die Behälter mit dem hochgiftigen Bortrifluorid, das bei der Ticona lagert und verarbeitet wird, und besonders sensible Produktionsanlagen "einzubunkern" (wie bei einem Atomkraftwerk). Außerdem müssten die Betriebsabläufe bei Ticona verändert werden. Technisch sei das machbar, aber es stelle sich die Frage, ob es noch verhältnismäßig sei.
Günther Schänzer vom Institut für Flugführung an der TU Braunschweig hat in seinem Gutachten untersucht, welche Auswirkungen das Chemiewerk auf den Flugbetrieb hat. Er kam zu dem Ergebnis, die Landebahn sei unter einigen Bedingungen flugbetrieblich sicher. Die Flugzeuge dürften die Bahn nur im Präzisionsanflug ansteuern. Bei der Ticona müssten Schornsteine gekürzt und ein Kraftwerk verlegt werden, eventuell müsste auch das (gerade erst bezogene) Verwaltungsgebäude verlegt werden. Der Qulitätssicherer für dieses Gutachten, Heinz Mellmann, unterstützte diese Auffassung. Auf die Frage, ob er bei schon bestehender Landebahn am Standort der Ticona eine Chemieanlage bauen würde, gab er allerdings eine klare Antwort: "Dann würde ich sie nicht bauen."
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Gutachten zum Ausbau d. Frankfurter Flughafens Ticona Absturz-Gefahr Risiko Wirtschaftsministerium, hessisches Hessischer Landtag Gefahren durch Flughafenausbau FRA
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