Er sollte eigentlich eine zuverlässige landesplanerische Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses für den neuen Großflughafen Berlin-Schönefeld sein: der "Landesentwicklungsplan Flughafenstandort-Entwicklung". Doch am letzten Donnerstag hat das Oberverwaltungsgericht Frankfurt/Oder genau diesen Plan für nichtig erklärt - wegen gravierender Abwägungsmängel. Politik und Flughafengesellschaft tun so, als sei nichts gewesen. Sie sehen das umstrittene Bauvorhaben nicht gefährdet, nach dem Motto: wenn es sein muss, geht es auch ohne Landesentwicklungsplan.
Doch Experten sind da anderer Meinung. Der bekannte Verwaltungs- und Luftverkehrsrechtler Prof. Giemulla - ganz bestimmt nicht in die Kategorie "Flughafenausbau-Gegner" einzuordnen - hält das Projekt für "sehr, sehr stark gefährdet". "Ich gehe davon aus, daß die Wahrscheinlichkeit, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Planfeststellungsbeschluß aufhebt, bei mehr als 50 Prozent liegt", so Giemulla. "Der Landesentwicklungsplan war ein gewichtiger Punkt auch im Planfeststellungsbeschluss. Jetzt gibt es dort nur noch eine Ruine".
Die Ursache der Probleme sei, sagte Giemulla, dass die Politik rechtsstaatliche Erfordernisse ignoriert habe. Sie habe sich auf den Flughafen in Schönefeld festgelegt, obwohl unklar war, ob dort der geeignete Standort sei. Die Richter hätten sich aber nicht vom politischen Willen beeindrucken lassen.
Auf die Frage, ob der Flughafen auch ohne eine landesplanerische Grundlage gebaut werden könnte, meinte Giemulla "Theoretisch schon. Aber im Planfeststellungsbeschluss, der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegt, steht nichts anderes drin als in der Landesplanung". Wenn sie das Projekt retten wolle, täte die Planfeststellungsbehörde in Brandenburg gut daran, den Planfeststellungsbeschluss zurückzuziehen und ihn neu zu fassen. "Aber wie ich die Politik in beiden Ländern kenne, wird sie weiter nach dem Prinzip verfahren: Augen zu und durch". Das Argument, das weitere Verzögerungen bei dem seit Anfang der 90-iger Jahre geplanten Flughafenbaus nicht tragbar seien, will Giemulla nicht gelten lassen: "Wenn die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt, könnte nur noch ein Trümmerhaufen von der Planung bleiben".
Ein Luftdrehkreuz, das der BBI zunächst werden sollte, müsse nicht in der Nähe Berlins gebaut werden, meint der Professor. "Den Reisenden, die umsteigen wollen, ist es egal, wo sie ihr Flugzeug wechseln." Verkehrspolitisch für sinnvoll hält er eine Kombination aus einem "Stadtflughafen" für Geschäftsreisende (Tegel oder Tempelhof) und einem Flughafen für die Region außerhalb der Stadt.
Auch nach Ansicht von Rechtsanwalt Wolfgang Baumann, der 2400 Gegner des Airport-Ausbaus vertritt, hat das Frankfurter Urteil "erhebliche Auswirkungen" auf den Fortgang des Projekts: Der Ausbau des Flughafens sei "massiv in Frage gestellt". Beim Bundesverwaltungsgericht liegen etwa 4000 Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für den geplanten Großflughafen in Schönefeld vor.
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Brandenburg (Land) Flughafen Berlin-Schönefeld (BER) Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder) Berlin Klage (vor Gericht) Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens