BUND: Schwarz-grüner Koalitionsvertrag - besser als befürchtet!
Pressemitteilung vom 19.12.2013
Von: @BUND Hessen <2013-12-19>
Der BUND Hessen bewertet den ersten schwarz-grünen Koalitionsvertrag als gutes Arbeits­programm zur Verbesserung der Situation im Umwelt- und Naturschutz.

Pressemitteilung des BUND Hessen vom 19.12.2013

Der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen) bewertet den ersten schwarz-grünen Koalitionsvertrag als gutes Arbeitsprogramm zur Verbesserung der Situation im Umwelt- und Naturschutz. BUND-Vorstandsprecher Jörg Nitsch: „Für viele unserer Mitglieder war ein schwarz-grünes Bündnis bislang kaum vorstellbar. Doch die Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Der Vertrag bleibt zwar in einigen prominenten Punkten deutlich hinter unseren Wünschen zurück, stimmt uns aber wegen der zahlreichen richtigen Weichenstellungen eher positiv.“

Ausdrücklich begrüßt der BUND die klaren Absagen der beiden Koalitionspartner an die Gentechnik in der Landwirtschaft und die Förderung von Schiefergas mittels Fracking sowie die hervorgehobene Stellung der Energiewende und des Klimaschutzes. Äußerst skeptisch bleibt der BUND jedoch hinsichtlich der Versprechungen zur Lärmreduzierung am Frankfurter Flughafen.

Zwiespältig sind für den BUND die Vereinbarungen zum Verkehrsbereich, der einerseits ökologisch schädliche Planungsaltlasten und zugleich ökologisch notwendige Neuausrichtungen enthält. Enttäuschend ist für den BUND, dass die Koalitionäre beabsichtigen, die für Natur und Mensch unverträglichen und verkehrspolitisch überflüssigen Autobahnen A 44 und A 49 in Nordhessen fertig zu stellen und den Flughafen Kassel Calden weiter zu betreiben. Die ökologisch richtige Neuausrichtung der Verkehrspolitik enthält der Koalitionsvertrag aber bei der deutlich stärkeren Gewichtung des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) gegenüber dem Straßenbau. Richtig ist auch die Neuorientierung der Politik auf die vom Verkehr ausgelösten gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe, die z.B. durch Umweltzonen, LKW-Durchfahrverbote oder bessere Radwegenetze reduziert werden sollen. Von einer Landesregierung mit grüner Beteiligung und unter einem grünen Verkehrsminister erwartet der BUND eine substanzielle Lärmreduktion am Frankfurter Flughafen. „Hier werden wir den neuen grünen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, aber auch Ministerpräsident Volker Bouffier und die hessische CDU an ihren Erfolgen messen“, erklärt BUND Vorstandssprecher Jörg Nitsch.

Besonders wichtig für den BUND ist das angekündigte verstärkte Engagement der Koalitionspartner in den Bereichen Klimaschutz und Energiewende. Hier haben auch nach Meinung des BUND die im Koalitionsvertrag ausdrücklich hervorgehobene „Energieeinsparung und Energieeffizienz“, der vereinbarte Einsatz für einen „funktionierenden Emissionshandel“ und der konsequente Ausbau der Windenergie die Schlüsselrolle. BUND-Vorstandssprecher Jörg Nitsch: „Bei der Lösung der Konflikte zwischen Windenergie und Umweltschutz bieten wir weiter unsere Unterstützung an. Außerdem empfehlen wir der neuen Landesregierung dringend die Einrichtung eines Dialogforums zwischen den Naturschutzverbänden und den Windenergie-Unternehmen sowie den Start einer Akzeptanzkampagne auf der Basis von Sachargumenten.“ Als konsequent bewertet der BUND die Fortführung des Energiegipfels für den Verkehrsbereich, auch dies eine Forderung des BUND. Kritisch sieht der BUND jedoch die Unverbindlichkeit vieler Formulierungen im Koalitionsvertrag. „Dies erfordert uns viel Vertrauen in die neue schwarz-grüne Politik “, bemängelt Jörg Nitsch.

Insgesamt positiv bewertet der BUND die Vereinbarungen zu Naturschutz, Landwirtschaft und Forsten, auch wenn er sich hier mehr konkrete Festlegungen und die Zusage zu dringend benötigten höheren Haushaltsmitteln im Naturschutz erhofft hatte. Mit der Ablehnung der Gentechnik und der Absicht der Koalitionäre, einen Ökoaktionsplan erarbeiten zu wollen, um den Anteil des Ökolandbaus in Hessen deutlich zu steigern sowie verlässlich und dauerhaft zu fördern, werden BUND Forderungen umgesetzt. Auch die Korrekturen in der Forstwirtschaft, die nun wieder mehr am Gemeinwohl und weniger am Holzertrag ausgerichtet werden soll, begrüßt der BUND. Mit der Ausweitung der ungenutzten Staatswaldfläche von jetzt ca. sechs auf künftig acht Prozent und der schrittweisen Umstellung der Bewirtschaftung auf die ausgewogenen Anforderungen des Forest Stewardship Council (FSC) werden die Lebensbedingungen für gefährdete Pflanzen und Tiere wieder günstiger werden. Besonders froh ist der BUND darüber, dass seine Forderung zu einem besseren Schutz der Bannwälder im Rhein-Main-Gebiet und sein Naturschutz-Großprojekt, das „Grüne Band“ an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, ihren Niederschlag im Koalitionsvertrag gefunden haben.

Unbefriedigend bleiben für den BUND die Aussagen zur Grundwassersanierung und Rettung der Wälder im hessischen Ried. Hier hat das Land klare Rechtspflichten zur Erhaltung der Naturschutzgebiete, die nach der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesen wurden. Die Koalitionäre hätten sich deshalb deutlich zur finanziellen Mitverantwortung bei der Grundwassersanierung bekennen müssen.

Unverständlich ist für den BUND die Formulierung zum „grundsätzlichen“ Erhalt der Sommerdeiche. Diese Deiche sind ökologisch schädlich, wasserwirtschaftlich bedeutungslos und ihre Unterhaltung verursacht hohe Kosten.

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