Wieder einmal befasste sich der hessische Landtag mit dem Thema Flughafenausbau und Fluglärm, wohl zum letzten Mal vor der Eröffnung der neuen Landebahn.
Die Fraktion der LINKEN hatte in einem Entschließungsantrag gefordert, die Landebahn nicht in Betrieb zu nehmen, bis die Gerichtsentscheidungen über alle Klagen gegen den den Planfeststellungsbeschluss und die Flugrouten vorliegen. Der Fluglärm gefährde die Gesundheit hunderttausender Menschen, sagte der Abgeordnete Schaus und forderte deshalb die Festsetzung einer Lärmobergrenze, besseren Schallschutz, lärmmindernde An- und Abflugverfahren und Priorität des Lärmschutzes über ökonomische Kriterien bei der Planung der Flugrouten. Außerdem müsse vor der Inbetriebnahme der Landebahn gewährleistet sein, dass das Vogelschlag-Warnsystem "Mivotherm" zuverlässig funktioniere. Die BFU Eddersheim hatte in den vergangenen Wochen kritisiert, dass das Vogelschlag-Warnsystem nicht ausreichend getestet sei, und hatte Auskunft von Verkehrsminister Posch verlangt (bisher vergeblich).
Der Entschließungsantrag der Linken enthält neben der eher symbolischen Forderung, die Landebahn nicht in Betrieb zu nehmen, 15 weitere Punkte, die Ausbaugegner erfreuen werden.
Die Grünen forderten die Rücknahme der Klage gegen das Nachtflugverbot und kritisierten, dass die Landesregierung zu wenig für den Lärmschutz tue. Minister Posch bestreite die Zunahme des Fluglärms und erkläre sich für Flugrouten und Flughöhen nicht zuständig. Dabei sei die Landesregierung verantwortlich für den Planfeststellungsbeschluss (letztlich die Ursache der Zunahme des Fluglärms) und wolle das versprochene Nachtflugverbot nicht umsetzen. Zudem weigere das Land Hessen sich, eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes zu unterstützen, die dem Schutz vor Fluglärm höhere Priorität einräumen soll als bisher. Eine eindeutige gesetzliche Verpflichtung der Flugsicherung, den Lärmschutz zu optimieren, sei überfällig. Wiederholt kritisierten die Grünen den Wortbruch beim Nachtflugverbot: "Außer Wortbruch hat diese Regierung nichts zu bieten", schimpfte der Flughafenexperte Kaufmann.
Die SPD begrüßte die Eröffnung der neuen Landebahn und beschränkte sich auf die Forderung nach der Umsetzung des Nachtflugverbotes.
Der CDU-Abgeordnete Arnold gab immerhin zu, dass die Fluglärmbelastung erheblich sei. Es müsse eine vernünftige Balance zwischen den Interessen der Anwohner auf Lärmschutz und den wirtschaftlichen Interessen der Region gefunden werden. Der Ausbau schaffe immerhin 25000 neue Arbeitsplätze.
Staatssekretär Saebisch (FDP) äußerte sich dagegen provokant. Der Fluglärm werde in der Nacht zurückgehen, es werde statt bisher 50 nur noch 17 Nachtflüge geben. Für die Einführung von Lärmobergrenzen gabe es keinen Grund, die Landesregierung habe beim Lärmschutz ihre Hausaufgaben gemacht. Außerdem wies Saebisch den Vorwurf des Wortbruchs zurück. Die Bevölkerung habe in zwei Landtagswahlen abgestimmt und die Befürworter des Ausbaus wiedergewählt. Die 16 Punkte im Forderungskatalog der Linken fand Saebisch entweder für überflüssig oder für erledigt, auf Details ging er nicht ein.
In seiner Pressemitteilung zur Landtagsdebatte legte der Staatssekretär noch einmal nach: "Die mit der neuen Bahn verbundenen Betriebsbeschränkungen für den gesamten Flughafen werden die Zahl der Flugbewegungen zwischen 23 und 5 Uhr mehr als halbieren und damit die Lärmbelastung erheblich reduzieren. Wer die Bahn nicht in Betrieb gehen lassen will, bringt die Bewohner des Rhein-Main-Gebiets um diese Entlastung."
- Antrag der Fraktion der LINKEN (Drucksache 18/4531)
- Flughafen Frankfurt: Neue Landebahn nicht in Betrieb nehmen
Pressemitteilung der LINKEN vom 05.10.2011 - Grüne: Neue Landebahn - Geschichte eines Wortbruchs
Pressemitteilung der Grünen vom 05.10.2011 - "Wer Inbetriebnahme verhindern will, bringt Anwohner um Entlastung"
Pressemitteilung HMWVL vom 05.10.2011
Die Anträge der Linken, der Grünen und der SPD wurden an den Verkehrsausschuss verwiesen und werden vor der Eröffnung der Landebahn nicht mehr vom Landtag behandelt. Auch auf die Frage nach dem Vogelschlag-Warnsystem wird es wohl keine Antwort geben. Die BFU Eddersheim reagierte darauf mit großer Empörung.
- HMWVL-Staatssekretär bezeichnet Forderung nach Wirksamkeitsnachweis für Vogelschlagvorwarnung
"Mivotherm" als überflüssig
Pressemitteilung der BFU Eddersheim vom 09.10.2011
Nachtflugverbot Posch Wirtschaftsministerium, hessisches Vogelschlag-Gefahr