Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (BVerfG) hat in der letzten Woche mitgeteilt, dass die Verfassungsbeschwerde der Stadt Flörsheim am Main nicht zur Entscheidung angenommen wird.
Die Stadt Flörsheim am Main hatte sich gegen die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs Kassel (VGH) gewehrt, die Flörsheimer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens nicht mehr als Musterklage mit mündlicher Verhandlung zu verhandeln, sondern nur noch als nachlaufenden Beschluss zu entscheiden.
„Es ist ernüchternd, dass der VGH vom BVerfG nicht daran gehindert wird, wenn er die durch die Landebahn Nordwest im Rhein-Main-Gebiet am stärksten und spezifisch betroffene Kommune nicht zur mündlichen Verhandlung zulassen will und so den Weg zur nächsten Instanz beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig versperrt,“ reagierte Flörsheims Bürgermeister Michael Antenbrink auf die Entscheidung aus Karlsruhe. „Es ist kaum nachvollziehbar, wenn das höchste deutsche Gericht es für rechtens hält, dass die Stadt Flörsheim am Main nach Inbetriebnahme der neuen Landebahn Überflughöhen von 300 m hinnehmen muss, ohne als direkter Nachbar des Flughafens in einem rechtsstaatlich fairen Verfahren vor Gericht angehört zu werden. Einer Prozessbeschleunigung darf nicht um jeden Preis der Vorrang vor einer sorgfältigen rechtlichen Überprüfung der mit dem Ausbau verbundenen Belastungen eingeräumt werden.“
Das BVerfG zieht sich in seiner Begründung der Nichtannahmeentscheidung darauf zurück, dass die Stadt Flörsheim am Main in dem noch ausstehenden Nachverfahren Rechtsschutz durch den VGH erhalten werde. Dies, so Bürgermeister Antenbrink, sei ein formalistisches Argument ohne inhaltliche Überzeugungskraft. Denn dieses Nachverfahren werde nach jetziger Kenntnis frühestens Ende 2011 beginnen, wenn das Bundesverwaltungsgericht abschließend entschieden habe und die neue Landebahn bereits in Betrieb sei. Das BVerfG begründet seine abschlägige Entscheidung ferner damit, dass sich das Kasseler Gericht bei seiner Auswahl der Musterkläger und dem nachträglichen Ausschluss Flörsheims jedenfalls nicht von gänzlich sachfremden Erwägungen habe leiten lassen. Schließlich fühle sich das BVerfG bei der Kontrolle solcher Auswahlentscheidungen ohnehin nur in sehr engen Grenzen zuständig. Gegen die Entscheidung des BVerfG stehen keine weiteren Rechtsmittel zur Verfügung.
„Nach den Entscheidungen aus Karlsruhe und Kassel richtet sich der Blick jetzt nach Leipzig. Wenn dort das Land Hessen mit seinem Versuch, das Nachflugverbot am Frankfurter Flughafen zu kippen, erfolgreich ist, sind die Anrainerkommunen dem unaufhaltsam wachsenden Fluglärm schutzlos ausgeliefert. Wie groß diese Belastung bei über 700.000 Flugbewegungen im Jahr dann tatsächlich sein wird, kann niemand vorhersagen. Es ist jetzt sogar zu befürchten, dass ähnlich wie am neuen Flughafen Berlin-Brandenburg nun auch in Frankfurt Flugrouten, die nie Bestandteil der Planung waren, geflogen werden und sich somit die versprochene Lärmentlastung für Flörsheim, Wicker und Weilbach in Luft auflöst. Dies ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten höchst unbefriedigend.
Deshalb wird die Stadt Flörsheim am Main auch weiterhin alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Lärmbelastung für die Flörsheimer Bevölkerung so gering wie nur möglich zu gestalten.“, zieht Michael Antenbrink insgesamt ein kritisches Fazit.
„Für die Legitimation und eine breite Akzeptanz wichtiger Infrastrukturprojekte ist die Einbeziehung der besonders betroffenen Anrainer durch ein ordentliches Gerichtsverfahren in meinen Augen von wesentlicher Bedeutung. Schade, dass das BVerfG diese Chance vertan und hier kein Zeichen gesetzt hat.“